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Full text of "Das Chloralhydrat ein neues Hypnoticum und Anaestheticum und dessen Anwendung in der Medicin"

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CHLORALHYDRAT 

EIN NEUES 

HYPNOTICUM UNP ANAESTHETICUM 

UND DRSBBM 

ANWENDUNG IN DER MEDICIN. 



EINE AKZNEYMITTEL-UNTEKSÜCHÜNG 



Dr. OSCAR LIEBKEICH, 



ZWEITE, ÜNVEEXNDEBTE AUFLAGE. 



BERLIN 1869. 

OBO. FERD. OTTO HDLLER's vxklao. 



^ 



Das Recht der Uebersetzung in fremde Sprachen wird vorbehalten. 



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HERRN 



R. YIRCHOW 



IN VEREHRUNG UND DANKBARKEIT 



ZUGEEIGNET 



VOM 



VERFASSER. 



Einleitung. 



JUie Methoden, welche in der Heilmittellehre angewandt wer- 
den können, um zu neuen fördernden Resultaten zu gelangen, 
haben gerade hier mit grolsen Schwierigkeiten zu kämpfen, weil 
die einheitliche Leitung der nach den verschiedenen Richtungen 
auszufiihrenden Untersuchungen meistentheils aufcer Acht gelassen 
wird. Die über die Wirkung düßferenter bekannter Substanzen 
gewonnenen Thatsachen werden von dem Kliniker geliefert, die 
physiologische Analyse {alt dem Physiologen anheim, und die 
Auffindimg neuer wirksamer Substanzen überlalst man dem, 
allerdings in seiner Production bis jetzt reichen Zufall, und die 
Heilmittellehre endlich registrirt das Geschaffene, um die ver- 
wickelten Thatsachen zu einem, dann nur schwierig zu über- 
sehenden Material zu vereinigen. 

Wählt man den rein empirischen Weg um neue Heilmittel 
zu finden, so läTst es sich voraussehen, dafs mit denjenigen 
chemischen Substanzen, die die Natur uns direct liefert, und ich 
rechne Chinin etc. zu diesen Körpern, es vielleicht noch möglich 
sein könnte, annähernd Au&chluTs gebende Resultate zu er- 
langen; es läfst sich auf dem Erfahrungswege eruiren, ob in 
dieser oder jener Krankheit eine dem Organismus zugefiihrte 
Substanz Einflufs auf einen günstigen Verlauf auszuüben ver- 
mag, indem sie entweder die Krankheitsursache direct triffi oder 
regulatorisch in den anomalen Lebenszustand eingreift. 

Liebreich, das ChloraL | 



70^» 



Ist durch den Erfahrungsweg eniirt, dals irgend eine 
Substanz im wahren Sinne des Wortes als Heilmittel aufzu- 
fassen sei, so giebt diese Kenntnifs keine Mittel an die Hand, 
Schlüsse auf die Wirkung anderer Substanzen zu ziehen, son- 
dern bei der Untersuchung eines neuen Körpers würde von 
neuem der Weg der Erfahrung zu betreten sein. Wie unzu- 
treffend es ist, die äufsem Eigenschaften der Substanzen für die 
Auffindung neuer Mittel in Betracht zu ziehen, beweisen die 
zahlreichen Untersuchungen über die Bitterstoffe. Während die 
klinische Beobachtung oder die physiologische Untersuchung 
über den Einflufs diflferenter Substanzen in normalen oder pa- 
thologischen Verhältnissen, sichere Thatsachen über die Wirkung 
festzustellen vermag, fehlen jene Untersuchungen, welche über 
das Wesen der Wirkung Aufschlufs zu geben im Stande sind, 
jene Untersuchungen, deren Endzweck es sein soll zu erklären, 
durch welche Eigenschaft der eingeführten Substanz und des 
Organismus die Wirkung bedingt sei. 

Von denjenigen Körpern, welche vom Organismus aufge- 
nommen werden, lassen sich in Bezug auf das Wesen des Ein- 
flusses zwei Vorstellungen machen: es kann die Ursache ent- 
weder von einer rein physikalischen oder von einer chemischen 
Einwirkung herrühren. 

Von diesem Gesichtspunkte aus erscheint es nothwendig, 
vor allem das Verhältniss der eingeführten Substanz zu den 
elementaren Bestandtheilen des Organismus in Beziehung zu brin- 
gen. Es ist einleuchtend, dafs eine so wichtige Entdeckung, wie 
die Cl. Bernard's über die Einwirkung des Kohlenoxyds auf 
das Blut, uns zwar die Wirkung im Allgemeinen kennen lehrt, 
dafs aber die Entdeckung Hoppe' s, die feste Bindung des Koh- 
lenoxyds mit dem Haemoglobin des Blutes, uns die direkte Einwir- 
kung? vorführt. Gerade in neuester Zeit sind über das Wesen toxi- 
scher Substanzen Versuche aufgenommen. Man sollte jedoch 
erwarten, dafs bei solchen Untersuchungen, welche die Erklä- 
rung der Einwirkung in chemische und physikalische Processe ver- 
legen, vor allem eine genaue Kenntnis einerseits der chemischen 
und physikalischen Vorgänge im Organismus, sowie anderer- 



seits derjenigen der eingeführten Substanzen vorausginge. Nach 
dem Stande unserer heutigen Kenntnisse sind diese Untersuchungen 
nur dann möglich, wenn eine Reihe von Vorfragen glücklich 
beantwortet ist. Von den Substanzen, aus denen der Organis- 
mus besteht, besitzen wir nur zum kleinsten Theil eine für die 
Beantwortung genügende Kenntnis. Dasselbe lafst sich von den 
meisten der als different erkannten Substanzen aussagen. Es ist 
daher nicht wunderbar, wenn die bisher gestellten Fragen, ob 
chemische oder physikalische Einwirkung vorhanden, nicht zu 
entscheiden sind. So hat L. Hermann*) eine Gruppe von 
Körpern, welche in dampfibrmigem Zustand in die Lungen ein- 
geathmet als wichtigstes Symptom Anaesthesie hervorrufen, zu- 
sammengefafst und die gemeinsame Eigenschaft dieser Körper, 
Protagon zu lösen, benutzt, um eine Erklärung für die Wirkung 
zu geben. Es sollte erstens diese Lösung in den rothen Blut- 
körperchen vor sich gehen, und zweitens sollte das Protagon der 
Nerven afficirt werden. Schon die geringste Lösung des Pro- 
tagons, welche an den Blutkörperchen noch keine Einwirkungen 
hervorzurufen im Stande ist, sollte „die energischsten nervösen 
Allgemeinwirkungen" hervorbringen**). Selbst wenn diese bei- 
den Thatsachen, welche L. Hermann als chemische Vorgänge 
auffafst und die rein physikalischer Natur sein würden, richtig 
wären, so könnten sie niemals zur Erklärung der Wirkung bei- 
tragen, da die Wirkung jener Mittel im Organismus auf die 
Beeinflussung der Centralorgane, der Ganglienzellen, als sicher zu 
constatiren ist. Nun ist es aber erwiesen, dafs in den rothen Blut- 
körperchen Lecithin vorhanden und kein Protagon enthalten ist, 
ebensowenig ist für die Ganglienzellen nachgewiesen, dafs in 
ihnen Protagon vorkomme; das Vorkommen des Protagons be- 
zieht sich nur auf die Marksubstanz***) und die weifsen Blut- 



*) Ueber die Wirkungsweise einer Gruppe von Giften. Archiv für Anatomie 
und Physiologie von Reichert und du Bois-Reymond. 1866 p. 27. 
♦♦) 1. c. p. 84. 

***) Liebreich, über die ehem. Beschaffenheit der Himsubstanz. Annalen der 
Chem. und Pharm. Bd. 34 p. 29. 

1* 



körperchen * ). Vor allem aber ist zu berücksichtigen , dals 
eine Reihe anderer Substanzen, wie gallensaure» Natron, fett- 
saure Salze, das Protagon zu lösen vermögen, ohne die Wir- 
kungen der vorher angeführten Substanzen hervorzubringen. 
Man sieht also, dafs aus diesem Versuch, das Wesen der Wir- 
kung zu erklären, es nicht einmal einleuchtet, ob hier ein che- 
mischer oder physikalischer Prozefs die Ursache sei. In ähnlicher 
Weise aus gewissen Eigenschaften einer differenten Substanz 
die Wirkung zu erklären, versucht C. Binz**), mit dem Unter- 
schiede, dafs die Kenntnis der Ursache eines pathologischen 
Vorganges supponirt wird, über die wir bis jetzt mit absoluter 
Sicherheit nichts zu sagen vermögen. Das Chinin soll zwei 
Eigenschaften besitzen, einmal eine gährungswidrige und zwei- 
tens soll es eine direkte Einwirkung auf die weifsen Blutkör- 
perchen ausüben. Die erste dieser Eigenschaften theilt das Chi- 
nin mit einer Reihe anderer Substanzen, wie Carbolsäure, Jodo- 
form, Campher etc. Die zweite Eigenschaft;, welche voraussetz- 
lich eine andere Reihe von Substanzen auch besitzen könnte, 
ist durch Beobachtung von Forschem, welche diese Untersu- 
chung nachgemacht haben, nicht bestätigt. Es ist selbstver- 
ständlich, dals eine solche Untersuchung sich dem gewünsch- 
ten Ziele nicht nähern kann. Ich glaubte mit Recht die- 
selben anfiihren zu müssen, weil die von mir angestellten 
Versuche ebenfalls in der Intention, über die wahre Wirkung 
ins Klare zu kommen, gemacht sind, aber es scheint mir, dafs 
die Beantwortung einer so grofsen Reihe von Vorfi-agen erforder- 
lich ist, dafs ich keinem meiner Experimente das Recht über das 
Wesen der Untersuchung vindiciren möchte. Ich glaube jedoch, 
dafs die einzige Möglichkeit, der wahren Kenntnifs über das 
Wesen der Wirkung sich zu nähern, die Erledigung elementarer 
Fragen ist. Jede chemische Untersuchung der Bestandtheile 
des Organismus und das genaue Studium über die chemische Con- 

*) H. Fischer, Zur chemischen Xatur des Eiters. Centralbl. f. d. med. Wis- 
senschaft. 1868. p. 659. 

*"') Experimentelle Untersuchungen über das Wesen der Chininwirkung. Ber- 
lin, Aug. Hirschwald. 1868. 



stitution wird ein besser fördernder Weg sein, als das Angreifen 
grofser Probleme mit Hintenansetzung der allerdings schwieri- 
gen und, ihres nicht auf der Hand liegenden Erfolges wegen, 
wenig anerkannten analytischen uud theoretisch chemischen Ex- 
perimente. 

Es handelt sich bei allen Körpern, welche in den Organis- 
mus eingefiihrt werden, um die Frage: ist der Organismus im 
Stande sie zu zerlegen, oder passiren sie denselben unzersetzt? 
Wir haben über gewisse Verbindungen eine Kenntnifs der Um- 
setzung, die für die weiteren Forschungen als Richtschnur dienen 
kann, und welche uns eine Eintheilung für weitere Untersuchun- 
gen bietet. 

Es sind 1) eine Reihe von Substanzen, die in ihrer Be- 
schaffenheit dadurch geändert werden, dafs sie unter Aufnahme 
eines zweiten Körpers eine neue Verbindung eingehen und so 
den Organismus verlassen; als Repräsentant dieser Gruppe ist die 
Benzoesäure und deren Umwandlung in Hippursäure zu betrach- 
ten; 2) können Körper, ohne in ihre Componenten zerlegt zu 
werden, ohne sich aufzulösen oder zu verbinden, den Organismus 
passiren; för diese Gruppe ist das ferrocyanwasserstoflfeaure Salz 
anzufiihren. Bei subcutaner Injection läfst sich dasselbe bekannt- 
lich schon nach einigen Minuten unverändert im Urin nachwei- 
sen. 3) Die eingeführten Substanzen werden zerlegt. Die grofse 
Reihe von Körpern, welche zu dieser Gruppe gehören, erfahren 
nach ihrer chemischen Beschaffenheit verschiedene Zerlegungen, 
und wir sind bis jetzt nur im Stande, die Endproducte solcher 
Umwandlungen nachzuweisen. 

Was die Wirkung der in den Organismus eingeführten und 
zur Resorption gelangten Substanzen betriffi, so ist anzuneh- 
men, dafs keine der angefahrten Gruppen, in Bezug auf Wir- 
kung, vor der andern einen besondern Vorzug zu haben braucht. 
So können die Jodpräparate, die, wie Jodkalium, den Organismus 
passiren ohne dafs die Wirkung durch die Ausscheidung selber 
zur Anschauung käme, dennoch im chemischen Sinne gewirkt 
haben. Die Möglichkeit, dafs das Jod in den Organismus auf- 
genommen wird, läfst, um nach chemischen Vorgängen aufserhalb 



6 

des Organismus zu schlielsen, voraussdzcn , dafs der jodirte 
Körper nach Abgabe des Jods ein anderer geworden ist; ein 
Vorgang, der sieh z. B. analog der Einwirkung des Jods auf 
die Essigsaure ergeben würde. Die einfache Jodessigsäure giebt 
beim Behandeln mit Alkalien, die ein Austreten des Jods bewir- 
ken, Glycolsäure und nicht Essigsäure: 

CH,J K| CII,(OII) 

CO(OH) H^ CO(OH) 

Jodessigsäure -+- Kali = Glycolsäure + Jodkalium. 

Ich glaube dieses Beispiel anführen zu müssen, weil es sich hier 
am wahrscheinlichsten zeigen läfst, dafs, wenn auch Körper un- 
verändert den Organismus passiren, dennoch eine chemische 
Einwirkung möglich ist. 

Bei der zweiten Gruppe von Substanzen liegt die Einwir- 
kung klar, wir haben das Resultat des Vorganges vor uns, wäh- 
rend in der dritten Gruppe eine grofse Reihe von Möglichkeiten 
vorhanden ist. Da wir nur die Kenntnifs der Endproducte besitzen, 
so haben wir nicht einmal die Vorstellung, nach welcher Richtung 
die Reaction verläuft, ob überhaupt bei der Auflösung der Sub- 
stanzen im Organismus die Reaction wirklich einer Verbrennung 
ähnlich verläuft, oder ob ein allmäliger Zerfall in die einzelnen 
Componenten stattfindet, die dann erst einer weiteren Umsetzung 
unterliegen. Ich glaube, dafs diese Fragen für die Erkenntnifs der 
Wirkung von differenten Substanzen von der höchsten Bedeutung 
sind, insofern eine Reihe von Substanzen geftmden wird, die 
erst' dadurch ihre Bedeutsamkeit erhalten, dafs sich im Organis- 
mus die wirklich wirksame Substanz bildet. 

Mit der Kenntnifs eines jeden solchen wirksamen Compo- 
nenten gewinnen wir eine neue Reihe von wirksamen Körpern, 
wenn sie denselben Componenten enthalten. Es wird deshalb 
noth wendig, die Reaction so weit als möglich zu verfolgen, ein 
Weg, der bei den bisjetzigen Heilmitteluntersuchungen entweder 
aufser Acht gelassen oder fiir die experimentellen Angri&puncte 
nicht zugänglich dargestellt wird. So findet sich in Jonathan 
Pereira, Handbuch der Heilmittellehre, übersetzt von R. Buch- 



heim : „ Freilich dürfen wir uns nicht schmeicheln, leicht zum 
Ziele zu kommen, freilich dürfen wir nicht hoffen, die Einwir- 
kung der einzelnen Agentien auf den Organismus mit so grofser 
Genauigkeit bestimmen zu können, wie dies bei dfen meisten 
chemischen Processen aufserhalb des Körpers der Fall ist. Al- 
lein wir dürfen überzeugt sein, dafs wir durch genauere Erfor- 
schungen der Arzneywirkungen auch eine richtigere Ansicht 
über viele Krankheiten erlangen werden, als dies sonst geschehen 
würde, und dafs die Zeit nicht mehr so fern liegt, wo es mög- 
lich sein wird, auch am Krankenbett die Wirkung einer ziemlich 
grofsen Anzahl von Arzneymitteln mit . der Sicherheit voraus 
bestimmen zu können, deren wir uns jetzt nur bei sehr wenigen 
derselben erfreuen." 

Ich meine jedoch, dafs keine Untersuchung fiir die Erklä- 
rung des Wesens der Wirkung mehr beitragen kann, als ge- 
rade die Verfolgung des chemischen Verhaltens der eingeföhrten 
Substanzen im Organismus. Es wird sich dann darum handeln, 
diurch Versuche zu erfahren, nicht nur welche Klassen von Kör- 
pern zerlegt werden, sondern gerade nach welcher Richtung hin 
die Reaction verläuft, mit welchen Reactionen aufserhalb man 
die Reaction in Vergleich bringen kann. 

Die Reactions -Versuche innerhalb des Organismus bei den 
vorhandenen chemischen Körpern in beliebiger Auswahl vorzu- 
nehmen, ist unmöglich; die Zahl der vorhandenen chemischen 
Körper und solcher, welche sich durch analoge Reactionen dar- 
stellen werden, ist zu überwältigend. Eine Rechnung über die 
aus einer Reaction möglichen Körper dürfte genügen; so hat 
J. Broughton*) nachgerechnet, dafs durch Substitution von 
Wasserstoff im Ammoniak durch Alkohol und Säureradieale, 
bei Annahme von 52 einatomigen und 32 zweiatomigen Radi- 
calen, allein 35000 Millionen Körper entstehen können. Das 
ist die Zahl nach einer Reaction berechnet, die Chemie kennt 
deren aber viele, und die Zahl wächst täglich. Bei dieser 
überwältigenden Menge von Körpern ist es daher geboten, nach 

*) Jahresbericht für Ghem. 1868. Chem. NeiwB. YlII p. 245. 



einem bestimmten Princip die Auswahl zur Untersuchung zu 
treffen. — Die vom rein chemischen Gesichtspunct unternommene 
Eintheilung in homologe Reihen liefert beim ersten Blick ein 
fiir die Medicin unbrauchbares Schema; so sehen wir die nie- 
deren Alkohole der Reihe C« H 2a + 2 -h O auf den Organismus 
einwirken, während die höheren Alkohole derselben Reihe nicht 
einmal zur Resorption gelangen können. Dasselbe läist sich von 
der Reihe der fetten Säuren CnH2nO sagen. 

Ich habe deshalb die ftir jede Heilmitteluntersuchung 
wichtige Fundamentalfrage, ob eine Substanz im Organismus 
zuerst in Spaltimgsproducte zerlegt wird, ehe sie zur voll- 
ständigen Oxydation kommt, in der Weise in Angriff zu neh- 
men versucht, dafs ich Körper wählte, von denen wir nicht 
nur die Spaltungsproducte genau kennen, sondern deren Spal- 
tungsproduct uns auch in seiner Wirkung auf den Organismus 
bekannt ist. — Es waren dies das Chloral und die Trichlor- 
essigsäure, respective deren Salze. 

Von dem Aldehyd, vom Alkohol und am sichersten von der 
Essigsäure wissen wir, dafs sie im Organismus oxydirt, und zwar 
zu den Endproducten oxydirt, zerfallen; das Chloral und die 
Trichloressigsäure sind Verbindungen, die, den Character des Al- 
dehyds und der Essigsäiure beibehaltend, bei der Zerlegung beson- 
ders in alkalischer Flüssigkeit Chloroform als Hauptbestandtheil 
abgeben. Die Zerlegung der Substanzen, welche man im Allge- 
meinen als eine Oxydation in alkalischer Flüssigkeit auffassen 
kann, liefs nun, falls die Körper nicht unverändert durch den 
Organismus ausgeschieden würden, es wahrscheinUch werden, dais 
entweder Oxydation bis zu Salzsäure, Kohlensäure und Wasser 
direct eintrete oder dafs das Zwischenproduct als Chloroform 
zur Wirkung komme. Bei der experimentellen Bestätigung der 
letzten Voraussetzung, die ich in meiner Untersuchung zu geben 
glaube, läfst es sich voraussehen, dafs man bei der rein physio- 
logischen oder klinischen Betrachtung differenter Stoffe nicht 
mehr stehen bleiben kann. Körper, die in ihrer Wirkung so 
complicirt sind wie Chinin, Morphium, Strychnin etc., werden 
wahrscheinlich keinen einfachen wirksamen Componenten im 



9 

chemischen Molekül haben. Es hat sich während des Laufes 
meiner Untersuchung von chemischer Seite eine Bestätigung mei- 
ner Voraussetzung gefunden. Von Matthiessen und Wright *) 
ist von Morphium eine Basis abgespalten, welche als ungemein 
heftiges Emeticum wirkt. 

So glaube ich, dals die Heilmitteluntersuchung, die chemi- 
sche Untersuchung der Heilmittel imd des thierischen Organis- 
mus einschliefsend, ihren Anfang in der Retorte nehmen soll und 
erst bei den complicirten Vorgängen am Krankenbett die klini- 
sche Bestätigung finden möge. 



*) Berichte der deutschen ehem. Gesellschaft. 1869 p. 286. 



10 



Chemie des Chlorals. 

(Hydras Chlorali). 

r 

Geht man von der Betrachtung des gesättigten Kohlen- 
wasserstoffes C2 Hfl , des Aethylwasserstoffes oder Dimethyls aus, 
so ergiebt sich, wenn man die vorhergehenden Oxydationsvorgänge 
an einem Kohlenstoffatome verfolgt, eine Reihe, deren Glieder 
uns bekannt sind. Der Aethylalkohol, der Aldehyd, die Essig- 
säure resultiren, wie es die folgende Reihe veranschaulicht: 

O H3 O Hg O H3 C H3 

CH, CH,(OH) COH CO(OH)*). 

Aethylwasserstoff. Alkohol. Aldehyd. Essigsäure. 

Die Vollständigkeit dieser Reihe in den gechlorten Pro- 
ducten, ist bis jetzt nicht vorhanden. Man kann dieselbe zwar 
aufstellen, aber es sind in ihr Lücken vorhanden, die spätere 
Untersuchungen erst ausfüllen müssen. 

Denkt man sich die Wasserstoffatome an dem einen Kohlen- 
stoff durch Chlor substituirt, so erhält man eine Reihe: 

CCI3 CCI3 CCla CCI3 

CH3 CH^COH) COH CO(OH) 

8 fach gechlorter 3 fach gechlorter 8 fach gechlorter 8 fach gechlorte 

Aethylwasserstoff. Alkohol. Aldehyd. £ssig8äure. 

Als bekannt sind in dieser Reihe nur der dreifach gechlorte 
Aldehyd, dessen Hydrat und die dreifach gechlorte Essigsäure 



♦) 0=16- C = 12 ^^^^ einwerthige Gruppe 
' ' O zweiwerthiges Atom 



11 

anzufahren, während der dreifach gechlorte Alkohol bis jetzt nicht 

CCI3 

dargestellt ist und ebenso der gechlorte Kohlenwasserstoff « 
^ ^ CH3 

Es läfst sich daher der Vergleich in diesen beiden Reihen nur 
mit dem dreifach gechlorten Aldehyd, dem Chloral und der Tri- 
chloressigsäure anstellen. 

Der Aldehyd und das Chloral, die Essigsäure und die Tri- 
chloressigsäure sind trotz der Substitution von Chlor in ihrem 
äufseren Verhalten vollständig analog. So giebt Dumas, der 
Entdecker der Trichloressigsäure*) im Jahre 1839, die cha- 
racteristischen Eigenschaften derselben genauer an : die Trichlor- 
essigsäure krystaUisirt in sehr zerfliefslichen KrystaUen, die sicli 
im Wasser leicht zu einer stark ätzenden sauren Flüssigkeit lö- 
sen; mit Basen wie Silberoxyd, Ammoniak entstehen den essig- 
sauren Salzen analoge Verbindungen. Das Chlor ist in dieser 
Verbindung nicht direct nachweisbar. Beim Behandeln mit Al- 
kalien in wäfsriger Lösung dagegen bildet sich kohlensaures 
Salz und Chloroform , das als schwerer Tropfen zu Boden, sinkt, 
nach der Gleichung: 

CCI3 

I «CClaH-hCO,. 

COOH ' 

Trichloressigsäure = Chloroform -f- Wasser. 

Auch dieser Vorgang ist analog der Umsetzung, welche Essig- 
säure durch Kalilauge erleidet, nur dafs die Reaction schwieriger, 
d. h. bei erhöhter Temperatur vor sich geht; es zerföllt die Essig- 
säure mit Kalihydrat in Sumpfgas und kohlensaures Kali nach 
der Gleichung: 

CH3 K 

cook"^hIO = ch3H + co3K,-) 

Essigs. Kali + Kalihydrat = Sumpfgas + Kohlens. Kali. 
Dieselbe Analogie findet sich zwischen dem Aldehyd und dem 



*) Ann. d. Chem. und Phorra. Bd. 82 p. 101. 
**) Kekul^, Lehrbuch d. org. Chem. Bd. I p. 144. 



12 

von Liebig im Jahre 1830 entdeckten Chloral *). Beide Körper 
geben mit Ammoniak oder saurem schwefligsauren Kali wohl 
krystaUisirte Verbindungen. Eine andere, fiir die Aufbewahrung 
des Chlorals und Aldehyds nicht angenehme Eigenschaft, in po- 
lymere Modification überzugehen, zeigt sich besonders beim Chlo- 
ral sehr schnell. Von diesen Analogien ausgehend, glaubte ich 
die för den Aldehyd von Wurtz **) entdeckte Eigenschaft des 
Aldehyds, durch nascenten Wasserstoff in Alkohol überzuge- 
hen, benutzen zu können, um auf diese Weise den dreifach ge- 
chlorten Alkohol aus Chloral zu erhalten, dessen Darstellung 
mir von besonderem Interesse schien, weil derselbe, falls er 
im Wasser löslich sein würde, eine dem Chloral analoge Wir- 
kung zeigen dürfte. LäTst man jedoch auf Chloral in saurer 
Lösung nascenten Wasserstoff einwirken, so tritt zuerst die von 
Melsens ***) an der Trichloressigsäure beobachtete Keaction ein, 
es wird das Chlor durch H substituirt und in erster Linie 
Aldehyd gebildet, nach der Gleichimg: 

C CI3 C Ho 

I +3H2= . -h3HCl 

CO H C O H 

Chloral + Wasserstoff = Aldehyd -h Salzsäure. 

Während bei der Essigsäure die Substitution des Wasserstoffe 
direct durch Chlor stattfindet, ist die Reaction bei der Einwir- 
kung von Chlor auf Aldehyd nach den vorliegenden Versuchen 
abweichend beobachtet worden. Wurtz****) erhielt durch Ein- 
wirkung von Chlor auf Aldehyd als erstes Product Chloracetyl, 
was den Beginn der Substitution an der andern Seite des Mole- 
küls andeutet: 

C H« C H« 

, 4-Cl,= I 4-HCl 

COH COCl 

Aldehyd + Chlor = Chloracetyl + Salzsäure. 
Um zum Chloral zu gelangen, kann man sich zweier Me- 
thoden bedienen: 



♦) Ann. d. Chem. und Pharm. Bd. I p. 31 und 182. 
♦*) Erlenmeyer, Lehrbuch der org. Chemie p. 307. 
♦*♦) Ann. d. Chem. und Pharm. Bd. 42 p. 111. 
♦**♦) Ann. d. Chem. und Pharm. Bd. 102 p. 93. 



13 

1) der von Liebig bei der Entdeckung des Chlorals ange- 
wandten Methode*), 

2) der von Städeler empfohlenen Methode. 

Nach der Methode von Liebig wird ein Chlorstrom so 
lange durch absoluten Alkohol geleitet, bis keine Salzsäure mehr 
entweicht, das Chlor also unverändert, selbst beim Erwärmen, 
durchtritt. Das rohe Chloral wird dann mit concentrirter Schwe- 
felsäure behandelt und das, bei 94** siedende Product aufgefangen. 
Läfst man dieses einige Zeit mit concentrirter Schwefelsäure in 
Berührung, so bildet sich das polymerisirte imlösliche Chloral; 
die Reinigung dieses Körpers ist insofern sehr erleichtert, als 
er sich weder in Alkalien, noch in Säuren auflöst und mit die- 
sen daher längere Zeit ohne Zersetzung behandelt werden kann. 
Beim Erhitzen geht diese Modification wiederum in die lösliche 
Form über. Das lösliche Chloral stellt anfanglich eine leicht 
bewegliche Flüssigkeit dar vom spec. Gewicht 1,502, die allmälig 
dickflüssiger wird und zuweilen ganz plötzlich in die unlösliche 
Modification unter starker Wärmeentwickelung übergeht. Ver- 
mischt man das wasserfreie Chloral mit Wasser, so bildet sich, 
unter starker Erwärmung der Flüssigkeit, nach ganz kurzer Zeit 
das in Nadeln krystallisirende Chloralhydrat, för welches ich, 
da es bei dem medicinischen Gebrauch einer alten Sitte gemäfe 
nur lateinisch verschrieben wird, den Namen Hydras Chlor- 
ali vorschlage. Dasselbe unterscheidet sich vom Chloral durch 
den Mehrgehalt eines Moleküls Wasser. Seine Formel ist 
demnach 

C^ClaOH-j-H^O. 

Nach vielfachen vergleichenden Versuchen hat sich heraus- 
gestellt, dafs dieses Präparat flir die Anwendung in der Me- 
dicin das brauchbarste ist. Die Bürystalle bewahren ihre Eigen- 
schaft beim Aufbewahren und lassen sich bequem dosiren. 

Die Methode von Städeler, so interessant dieselbe in 
chemischer Beziehung ist, giebt eine imverhältnifsmäikig geringere 
Ausbeute und dürfte daher zur Darstellung kaum zu empfehlen 



*) Ann. d. Chem. und Pharm. Bd. I p. 191. 



14 

sein. Sie besteht in der Destillation von Stärke oder Zucker 
mit Salzsäure und Braunstein. Trotz vielfacher Versuche habe 
ich nie die zu meinen Experimenten erforderliche Menge nach 
dieser Methode erhalten können. 

Eigenschaften des Chloralhydrat. An das zum 
medicinischen Gebrauch angewendete Chloral sind ganz be- 
sondere Ansprüche der Reinheit zu erheben. Da sich beim Be- 
handeln mit Chlor, neben Chloral, augenscheinlich eine Reihe 
anderer gechlorter Producte bildet, so mufs man ftir die Entfer- 
nung dieser Substanzen die gröfseste Sorgfalt anwenden; es 
wiederholt sich sonst hier dasselbe, was beim Chloroform so' oft 
eine nachtheilige Wirkung hervorruft. Enthält nämlich das Chloral 
diese Bestandtheile, so wirkt es Husten erregend und reizend. 

Das Chloralhydrat, Hydras Chlorali, krystallisirt in feinen 
Nadeln, die sich zu einer festen Krystallmasse zusammen- 
schmelzen lassen; auf dem Boden eines geschlossenen Ge- 
fa&es aufbewahrt, sublimiren dieselben an die Wand des Ge- 
fafses in äufserst feinen E^rystallnadeln, die ganz farblos sind. 
In Wasser lösen sich dieselben vollständig, und nur nach 
längerem Aufbewahren entsteht in der Lösung eine leichte Opal- 
escenz. Die Eiystalle haben einen eigenthümlichen, etwas ste- 
chenden Geruch. Die Lösung in Wasser reagirt neutral; mit 
salpetersaurem Silberoxyd versetzt, darf keine Trübung entste- 
hen. Werden die KrystaUe mit concentrirter Schwefelsäure be- 
handelt, so mufs sich eine farblose ölige Schicht bilden, die bald 
zu einer festen Masse erstarrt. Die Lösung in Wasser mit 
Kalilauge versetzt, mufs sofort eine milchige Trübung entstehen 
lassen, die nach einigen Minuten verschwindet; am Boden des 
Glases setzt sich dann ein Tropfen klaren farblosen Chloroforms 
ab, das einen reinen Geruch und alle Eigenschaften eines reinen 
Chloroforms haben mufs. Das reine Chloral hat einen Siede- 
punkt von 94"* (corr. 96'' Kopp). Die Bewahrung des Chloral- 
hydrat geschieht am besten in Flaschen, die mit einem Glas- 
stopfen geschlossen sind. Ebenso sind die Lösungen gut ge- 
schlossen aufeubewahren. 



15 



Versuche an Thieren. 

In der Einleitung habe ich bereits die Gründe hervorge- 
hoben, welche mich bestimmen mufsten, das Chloralhydrat und 
die trichloressigsauren Salze zu Versuchen zu benutzen. Die 
chemische Eigenschaft dieser Körper : in alkalischer Lösung nicht 
existenzfähig zu sein und sich in Chloroform, Kohlensäure re- 
spective Ameisensäure zu zerlegen, liefs zuerst an die Möglich- 
keit denken, die Componenten bei der Einwirkung direct auf 
chemischem Wege nachzuweisen. Aber es hiefse ein unzweck- 
mäfsiges Experiment einführen und auf ein unsicheres Experi- 
ment sich stützen, wollte man an einen Versuch in dieser Rich- 
tung die Ansprüche einer exacten Beantwortung erheben, und 
ehe ich daher zur Beantwortung der Frage übergehe, glaube ich 
die Unmöglichkeit des directen Nachweises der Componenten vor- 
führen zu müssen. Dafs das Chloral und die Trichloressigsäure in 
alkalischer Lösung nicht existiren können , beweist der Versuch 
aufserhalb des OrgMiismus; löst man Chloral in Wasser und setzt 
zu diesem die geringste Spur von Alkali, so ist die Trübung 
von Chloroform in der wäfsrigen Lösung sofort sichtbar. Drückt 
man die Umsetzung dieser Gleichung: 

C,Cl3 0H-f-NaHO = CCl3H-f-CHOONa 
in Zahlen aus, so ergiebt sich, dafs 147,5 Gewichtstheile Chloral 
mit 40 Gewichtstheilen Natronhydrat, 119,5 Chloroform und 
68 Gewichtstheile ameisensaures Natron liefern ; die Menge Al- 
kali, welche 1 Grm. wasserfreies Chloral zur Umwandlung ge- 
braucht, ist demnach 0,461 Grm. Natronhydrat und die ausge- 
schiedene Menge Chloroform 0,8129 +0,812 Ameisensäure. Es 



18 

man den Versuch bei Frösclien an, so findet sich, dafs ebenfallt^ 
der Ventrikel und die Vorhöfe stark erweitert und mit dunkelro- 
them Blut gefiillt sind. Dafs hier kein Einflufs des Vagus vorhan- 
den, läTst sich leicht zeigen : schneidet man das Herz aus, so pulsirt 
es nicht weiter. Auch läfst sich leicht beweisen, dafs der läh- 
mende Einflufs von den Ganglien ausgegangen sein mufs. 
Schneidet man den Ventrikel unterhalb des Sitzes der Ganglien 
ab, so contrahirt sich dieser sofort, und jede Berührung löst 
eine neue Contraction aus. 

Bevor ich noch das Chloralhydrat anwandte, schien es mir 
wahrscheinlich, dafs ein Körper, der, leicht resorbirbar, erst im 
Organismus allmälich zu Chloroform zerfallt, das Stadium der 
Irritation nicht zeigen werde; und in der That hat sich diese 
Ansicht, wie ich es bei den folgenden Versuchen zeigen kann, 
bestätigt. Ich habe schon darauf hingewiesen, dafs nach der 
Resorption des Chloralhydrats die Chloroformspaltung, des man- 
gelnden Alkali wegen, nicht in explosiver Weise vor sich gehen 
kann; es wird jedes kleine Theilchen die umliegende Quantität 
Alkali verbrauchen, und erst wenn vom Blut die Gesammt -Al- 
kali-Quantität zur Umsetzung geliefert ist, wird die Umsetzung -• 
geschlossen sein. Der Vorgang ist also so aufzufassen, dafs in 
jedem kleinen Zeittheilchen eine minimale Quantität Chloroform 
gebildet wird und diese zuvörderst an dem ersten Ort der Ein- 
wirkung, den Ganglien des Grofshirns, zur Wirkung gelangt; 
der Wirkungskreis erstreckt sich dann, bei gröfserer Chloroform- 
Menge im Blute, weiter auf die Ganglien des Rückenmarks, 
bis er schliefslich die Ganglienzellen des Herzens einschliefst. 
Aus diesen Gründen ist es zu erklären, dafs der Weg ein lang- 
samer, entsprechend der Chloroformbildung sein wird, etwa zu 
vergleichen mit der langsamsten Chloroformirung, die man sich 
vorstellen kann. Diese Betrachtung, welche, bevor ich das zur 
Untersuchung geeignete Material in der Hand hatte, angestellt 
war, hat sich auf das Vollkommenste als richtig erwiesen. 
Mit derselben in Zusammenhang steht die Frage, ob das ge- I 

bildete Chloroform im Organismus bis zu den Endproducten, 
zu Salzsäure und Kohlensäure zerlegt wird. Bei den Unter- 



19 

suchungen, die mit Chloroform - Inhalationen angestellt wurden, 
war diese Frage nicht zu erledigen, da stets in der Lunge eine 
Quantität nicht in das Blut aufgenommenen Chloroforms zu- 
rückbleibt. Es wurde deshalb, um eine Entscheidung dieser 
Frage herbeizufiihren, folgender Versuch angestellt. 

Einem Kaninchen wurde in einem zum Auffangen des 
Urines sehr geeigneten Stalle*) die Nahrung entzogen und nur 
von Zeit zu Zeit etwas Wasser verabreicht. Die Chloride ver- 
schwanden am dritten Tage in dem sauren Urin vollständig. Es 
wird sodann dem Kaninchen 1,0 Grm. Chloralhydrat subcutan 
injicirt. Nachdem das Kaninchen sich von dieser Einwirkung 
erholt, läfst es innerhalb der darauf folgenden 6 Stunden 2 Por- 
tionen Urin, zusammen = 123 C. C. Die Chlorbestimmung 
ergab 0,05805 Grm. Chlor, während 1,0 Grrm. Chloralhydrat 
0,66 Grm. entsprechen würde. 

Aus diesem Versuche ergiebt sich, dais nicht die vollstän- 
dige, dem Chloralhydrat entsprechende Chlormenge in der näch- 
sten Portion Urin wiedergefunden wurde. Es stimmt dies Ver- 
halten mit der KenntniTs, die wir von der Ausscheidung der 
Chloride haben, überein; beim Hunger hört die Ausgabe an 
Chloriden auf, und bei erneuter Zufuhr findet eine Retention 
derselben statt. Eine directe Chlorbestimmung im Urin mit 
Beibehaltung der Nahrung vor und nach der Application von 
Chloralhydrat oder Chloroform, dürfte in ihren Resultaten kei- 
nen sicheren Aufschlufs bedingen, da die aus dem Chloroform 
zu berechnende Salzsäure nicht beträchtlich genug wäre, um 
einen sicheren Schlufs über die Umsetzung zu gestatten; ich 
glaubte deshalb zu dem eben beschriebenen Experiment meine 
Zuflucht nehmen zu müssen. Auiserdem läfst sich aus Analo- 
gie mit dem Jodoform diese Behauptung stützen. Chloroform 

J Cl 

wie Jodoform sind analog constituirte Körper C tt undCrr^; 

das an dem Kohlenstoffatome angelagerte Chlor und Jod ist 
durch gewöhnlichen Austausch mit salpetersaurem Silberoxyd 



*) G. Siegmund, Dissert. iuaugural. Berlin. 1853. 



9 Uhr 60 M. Respiration in der \ M. 48 
10 Uhr IM. „ „ ^ 41 

10 Uhr 18 M. „ , „ 43 



20 

nicht nachweisbar, und ebenso läfst sich durch Starke das Jod 
im Jodoform erst dann nachweisen, wenn letzteres zerstört 
wird. Es mufs daher das Auftreten von Jod im Harn nach 
Anwendung von Jodoform ebenfalls einen Beweis für die Um- 
setzung des Jodoform liefern. Die Thatsache, dafs Jodo- 
form sich im Organismus umsetzt und sich die Jod -Stärke - 
Beaction auf gewöhnliche Weise im Urin ausführen läfst, ist 
bereits durch Bighini bekannt. 

Um die Wirkung des Chloralhydrats zu erforschen, wur- 
den in erster Reihe Versuche mit Fröschen angestellt. 

I. Experiment 

Ein sehr agiler grofser Frosch, der bei jeder Berührung fortzu- 
springen versucht, wurde zam Versuch benutzt. 

9 Uhr 44 M. Respiration in der | M. 46 

9 Uhr 46 M. „ „ „ 46 

9 Uhr 48 M. ^ „ ^ 46 

9 Uhr 49 M. « r, n 4» 

Um 10 Uhr 13 M. wurde auf dem Rucken eine subcutane Injection 
von 0,025 Grm. Chloralhydrat gemacht. 

10 Uhr 14 M. Respiration in der i M, 51. 

10 Uhr 15 M. Versucht fortzuspringen. 

10 Uhr 16 M. Respiration in der ^ M. 49. Beim Fortziehen des 

Fuüses leistet der Frosch Widerstand und zieht den Fufe sofort 

zurück. 
10 Uhr 17 M. Respiration in der ^ M. 43. Beim Fortziehen des 

Fufses ist der Widerstand nicht mehr so stark. 
10 Uhr 19 M. Respiration in der ^ M. 42. Läfst sich den FuTs 

unter mäfsigem Widerstand abziehen, zieht ihn jedoch wieder 

zurück. 
10 Uhr 21 M. Respiration in der ^ M. 40. Der Schenkel läfst sich 

ohne Widerstand fortziehen. 
10 Uhr 26 M. Wird der Frosch in die Höhe gehoben, so läfst er 

die Beine ruhig herunter hängen, ohne sie an sich zu ziehen. 
10 Uhr 27 M. Respiration in der \ M. 35. 

10 Uhr 30 M, Wird ein Schenkel vom Körper abgezogen, so ver- 
harrt er in dieser Stellung; beim Druck auf denselben zieht er 

ihn jedoch wieder an sich. 



10 Uhr 32 M. Respiration in der ^ M. 34 
10 Uhr 33 M. „ „ ^ 34 



10 Uhr 34 M. Respiration in der }M. 84 



21 

10 Uhr 35 M. Der in die Höhe gehobene Frosch läfst die Beine 
sinken, beim Druck hebt er den Schenkel in Höhe, lälst ihn je* 
doch sofort wieder sinken. 

10 Uhr 37 M. Respiration in der i M. 33. 

10 Uhr 38 M. Es lassen sich dem Frosch die Extremitäten ab2ie- 
hen, mid bei stärkerem Druck zieht er sie an sich. 



10 Uhr 39 M. Respiration in der ^ M. 34 
10 Uhr 41 M. , „ , 84 

10 Uhr 42 M. „ - - 30 



10 Uhr 43 M. Respiration in der ^ M. 28 
10 Uhr 46 M. » „ „ 23 

10 Uhr 48 M. „ „ « 22 

10 Uhr 49 M. Der Frosch, an einem Beine in die Höhe gehoben, 
folgt mit seinem Körper dem Gesetz der Schwere. 
10 Uhr 51 M. Respiration in der > M. 25 j 10 Uhr 54 M. Respiration in der ^ M. 27 

10 Uhr 59 M. Beim tiefen Stich in die hintern Extremitäten löst 
der Frosch keine Bewegung aus. 



1 1 Uhr 2 M. Respiration in der |^ M. 26 

11 Uhr 3 M. „ „ „ 24 

11 Uhr 5 M. „ ^ , 23 

11 Uhr 6 M. „ „ „ 23 



11 Uhr 13 M. Respiration in der ^ M. 23 

11 Uhr 15 M. „ „ „ 23 

11 Uhr 20 M. „ ' n n 23 

11 Uhr 25 M. „ « » 23 



Beim tiefen Stich oder bei Berührung mit einer heifsen Nadel, löst 
der Frosch keine Bewegung aus. 

1 1 Uhr 30 M. Der Frosch wird in ein Gefäfs mit wenig Wasser 
gesetzt und liegt wie todt im Glase. 

12 Uhr. Der Frosch liegt wie vorher im Glase. 

2 Uhr. Aus dem Wasser herausgenommen, springt der Frosch bei 
Berührung fort, ist jedoch noch matt in seinen Bewegungen. 

2 Uhr 40 M. Beim Hineingreifen in das Geiaüs, sucht der Frosch 
sofort zu entschlüpfen, er ist in seiner Beweglichkeit wie am An- 
fang. 

Die Besultate dieses Versuches liegen klar vor. 0,025 Ghrm. 
Chloralhydrat bewirken bei einem kräftigen Frosch, ohne die 
Respiration zu erhöhen, da man die anfanglich ganz geringe 
Steigerung nur auf die durch Festhalten mit der Hand be- 
dingte Erregung beziehen kann, nach 4 Minuten den Beginn 
des Stadiums der Hypnose, welches über 5 Stunde dauert, um 
dann über 3^ Stunden in dem Stadium der Anästhesie zu ver- 
bringen. Nach 4J Stunden ist der Frosch in seinen alten Zu- 
stand zurückgekehrt. Zur Bestätigung lasse ich einen zweiten 
Froschversuch folgen. 

11. fixperiment. 

Ein sehr agiler grofser Frosch, der beim Berühren aus einem 



22 



Qefäfe, das 10^' hoch und 6" breit, heransspringt, wurde zum Versach 
verwendet. 



10 Uhr 5i) M. Respiration iD d. \ M. 48 
10 Uhr 59 M. . . » 48 



10 Uhr 51 M. Respiration in d. J M. 48 
10 Uhr 52 M. „ „ „ 60 

10 Uhr 54 M. „ „ « 48 

Die Respirationen waren zwischen den eintretenden Sprüngen ge- 
zählt. 

10 Uhr 57 M. erhält der Frosch eine subcutane Injection von 
0,05 6r. Chloralhydrat, gelöst in | CC. Wasser. 



10 Uhr 58 M. Zahl d. Respir. in d. \ M. 48 

11 Uhr OM. „ „ „ 42 
11 Uhr IM. « „ n 44 



1 1 Uhr 2 M. Zahl d. Respir. in d. ^ M. 44 
11 Uhr 5 M. n w •» 48 

11 Uhr 6 M. , „ « 48 



Der Frosch liegt in etwas gestreckter Stellung, bei der Berührung 
versucht er zu springen, kommt aber nicht bis zum Rande des Glases. 
11 Uhr 8 M. Zahl d. Respir. in d. l M. 88 11 Uhr lOM. Zahl d. Respir. in d. ^M. 25 
11 Uhr 9 M. „ „ « 87 

1 1 Uhr UM. Der Frosch wird an den Vorderbeinen in die Hohe 
gehoben. Er läfst die hintern Extremitäten schlaff herunterhän- 
gen. Wird er an einem Hinterfufs in die Höhe gehoben, «o 
versucht er eine Sprungbewegung zu machen. Beim Druck auf 
den Hinterfufs zieht er denselben zurück. 

11 Uhr 13 M. Respiration 29 in der | M. Die Pupillen sind ver- 
engt, bei stärkerem Druck auf die Augen zieht er sie zurück. 

11 Uhr 14 M. An der vorderen oder hinteren Extremität in die 
Höhe gehoben, verharrt der Frosch in der durch die Schwere 
gegebenen Position. Die Pupillen werden weiter. 

11 Uhr 15 M. Weder auf Druck, noch auf Stich löst sich eine 
Bewegung aus. 



11 Uhr 17 M. Zahl d. Respir. in d. ^M. 14 

11 Uhr 18 M. „ „ ^ 15 

11 Uhr 19 M. „ „ „ 17 

11 Uhr 20 M. ^ „ „ 20 

11 Uhr 21 M. ^ „ ^ 20 

11 Uhr 22 M. » „ „ 19 

11 Uhr 28 M. „ „ ^ 18 

11 Uhr 24 M. - « » 18 



11 Ubr 25 M. Zahl d. Respir. in d. |M. 16 

11 Uhr 26 M. „ „ „ 16 

11 Uhr 27 M. „ „ , 12 

XlUhr29M. « » » 10 

11 Uhr 30 M. « » » 9 

11 Uhr 81 M. » n « 7 

11 Uhr 32 M. » r » 8 



1 1 Uhr 33 M. Die Respirations-Excursionen am Mylohyoideus wer- 
den kleiner, nicht deutlich zählbar. Deshalb wird die Respira- 
tion an den Bauchmuskeln gezählt. 



11 Uhr 40 M. Zahl d. Respir. in d. ^M. 31 
11 Uhr 41 M. „ „ „ 32 

11 Uhr 43 M. „ „ „ 32 

11 Uhr 45 M. . „ „ 31 



12 Uhr — M. Zahl d. Respir. in d.^M. 82 
2 Uhr 16 M. „ ^ „ 23 

2 Uhr 17 M. „ „ „ 28 

2 Uhr 18 M. „ - „ 23 



23 

3 Uhr 51 M. Der Frosch liegt wie vorher in vollständiger Anäs- 
thesie da. 

3 Uhr 52 M. Zahl d. Respir. in d ^ M. 22 3 Uhr 56 M. Zahl d. Respir. in d. ^ M. 22 

3 Uhr 58 M. „ ^ „ 28 8 Uhr 66 M. „ » » 28 

Um 6 Uhr liegt der Frosch in vollständiger Anästhesie. 

6 Uhr — M. Zahl d. Respir. in d. .] M. 22 | 6 Uhr 1 M. Zahl d. Respir. in d. ^ M. 22 

Am Morgen des nächsten Tages *li^ der Frosch wie am Tage 

vorher da. 

7 Uhr 10 M. Respiration in d. ^ M. 24 | 7 Uhr 16 M. Respiration in d. J M. 24 

Der Frosch wird mit Wasser befeuchtet, später in ein Gefäfs mit 
Wasser hineingelegt. Die Respiration mit dem M. mylohyoideus 
beginnt wieder. 

1 1 Uhr 20 M. Zahl d. Respir. in d. ^ M. 24 

nUhr21M. « „ « 23 



1 1 Uhr 22 M. Zahl d. Respir. in d. J M. 24 



Beim wiederholten Druck auf die Augen zieht er dieselben zurück, 
beim Druck auf die Schenkel versucht er schon Sprünge zu 
machen. 

1 1 Uhr 24 M. Zahl d. Respirationen in d. j^ M. 25 ; er bew^ sich 

von selbst. 
1 1 Uhr 25 M. Zahl d. Respir. iu d. ^M. 30 | 11 Uhr 26 M. Zahl d. Respir. in d. \ M. 25 

2 Uhr. Der Frosch liegt in seinem Glase ruhig respirirend da und 

macht selbständige Bewegungen. 

In diesem Falle bei der doppelt grorsen Dose, wie sie im 

vorigen Versuch angewandt wurde, zeigt sich noch deutlicher 
wie in jenem, die ohne grölsere liespirationsfrequenz eintretende 
Wirkung. Schon nach 18 Minuten ist vollständige Anästhesie 
(eingetreten, in welcher der Frosch über 20 Stund(?n verharrt, um 
dann in wenigen Stunden zu seinem normaJ(*n Zustande zurück- 
zukehren. 

Denselben Frosch benutzte ich nach Einspritzung derselben 
Dose zu folgendem Versuch. 

111. Experiment. 

1 1 Uhr 30 M. Vormittags. Der Frosch ist so munter wie am ersten 
Tage. Beim Berühren vermag er aus dem Glase wieder her- 
auszuspiingen. 

1 1 Uhr 3 1 M. erhält der Frosch wiederum eine subcutane Injection 
von 0,05 Grm. Chloralhydrat in -J- CC. Wasser. 

11 Uhr 46 M. Der Frosch ist wiederum in vollständiger Anästhe- 
sie. Respir. 24 in der g M. Es wird ihm zuerst die Haut des 
Oberschenkels ui einem Zirkelschnitt durchschnitten; es löst sich 






24 

keine Bewegung aus. Dann wird der Oberschenkel abgeschnit- 
ten; beim Durchschneiden tritt eine Zuckung im amputirten 
Gliede ein^ jedoch wird sonst keine Bewegung ausgelöst. 
1 1 Uhr 50 M. Respir. 24 in der J M. 

Die vollständige Anästhesie findet in diesem Versuch ihre 
Bestätigung. Die Aufhebung der Reflexerregbarkeit zeigt sich 
deutlich bei Durchschneidung der N. Ischiadici der Oberschen- 
kel, die keine Reflexauslösung hervomifl; nur löst der am- 
putirte Schenkel beim Durchschneiden eine Zuckung aus, die 
vorher reflectorisch nicht erreicht werden konnte. — Da bei 
den vorhergehenden Versuchen der Einflufs des Chlorals auf 
das Herz aufser Acht gelassen werden mufste, so wurden wei- 
tere Versuche mit Fröschen angestellt. 

IV. Experiment. 

Ein Frosch, dem so viel vom Sternum fortpräparirt ist, dafs die 
Pulsation des Herzens deutlich zu übersehen ist, befindet sich auf 
einem Brett aufgespannt. 

10tJhr40M. Puls. d. Herzens in d.|M. 35 
10Uhr4lM. „ « «36 



10 Uhr 42 M. Puls. d. Herzens in d. |^M. 35 
l0ühr45M. • « « 35 



Der Frosch erhält eine Einspritzung von 0,025 Grm. Chloralhy- 
drat in i CC. Wasser. 

10 Uhr 52 M. Puls. d.Herzeüö in d. JM. 28 
10 Uhr 63 M. ^ „ « 28 

10Uhr64M. „ „ - 26 



10 Uhr 46 M. Puls. d.Hei'zens in d.>^M. 84 
10 Uhr 47 M. „ „ „82 

10 Uhr 48 M. » » n 82 

10Ühr49M. „ „ „ 31 

Durch Druck oder Stich werden an dem nicht mehr fixirten 

Frosch keine Reflexe ausgelöst. 



10Uhr66M. Pnls. d.Hensensind.^M. 26 
10Uhr57M. , „ „ 28 

10 Uhr 68 M. „ „ „ 23 

10Uhr69M. „ „ „ 23 

llUhr—M. « „ „ 22 



11 Uhr 2M. Puls. d. Herzens in d. ^M. 21 
11 Uhr 4M. , « „ 21 

llUhr 6M. „ n „ 22 

llUhrlOM. „ „ „ 20 

llUhrllM. « « n 20 



Es wird dem Frosch der rechte Unterschenkel abgeschnitten; es 
löst sich keine Reflexbewegung aus, auch nachdem gleich darauf ein 
zweiter Schnitt angelegt wird. 



1 1 Uhr 1 8 M. Puls. d. Herzend in d. | M. 19 
llUhrl4M. » » » 19 



1 1 Uhr 1 6 M. Puls. d. Herzens in d. ^ M. 1 Ö 
llUhrl6M. „ ^ y, 16 

11 Uhr 17 M. Beim Abschneiden des Oberschenkels tritt auch hier 
keine Reflexzuckung ein. Puls. d. Herzens in d. J M. 16. 



25 

V. Experiment. 

Ein Frosch, dem auf die vorher ang^ebene Weise das Herz irei 
prüparirt ist, befindet sich auf einem Brette aufgespannt. 



8 Uhr 55 M. Puls. d. Herzenn in d. \ M. 80 
8 Uhr 56 M. « . ^ 80 



8 Uhr 57 M. Puls. d. Herzens in d. ^M. 81 
8 Uhr 58 M. n » » 81 

Um 9 Uhr wird dem Frosch 0,1 6rin. Chloralhydrat in Wasser 
subcutan injicirt. 

9 Uhr 1 M. Puls. d. Herzens in d. 4 M. 80 I 9 Uhr 7 M. Pols. d. Herzens ind.4M. 25 

9 Uhr 2 M. „ „ „ 81 j 9 Uhr 8 M. „ „ „ 25 

9 Uhr 8 M. „ ^ „ 80 9 Uhr 9 M. , ^ ^ 28 



9 Uhr 4M. „ „ „ 29 

8 Uhr 6 M. ^ . « 26 



9 Uhr 10 M. « « « 21 



9 Uhr 15 M. Stillstand des Herzens. Ventrikel und Vorhofe prall 
mit Blut gefüllt. 

VI. Experiment. 

Ein mittelgrofser Frosch wird in der vorigen Weise auf einem 
Brett befestigt und das Herz freigelegt. 

9 Uhr 84 M. Pulsation in der ^ M. 40 ; 9 Uhr 87 M. Palsation in der \ M. 42 
9 Uhr 85 M. „ „ „ 42 | 9 Uhr 88 M. „ „ „ 42 

Um 9 Uhr 39 M. werden dem Frosch 0,1 Grm. Chloralhydrat sub- 
cutan injicirt. 

9 Uhr 40 M. Pulsation in der } M. 42 I 9 Uhr 45 M. Pulsation in der { M. 26 

9 Uhr 41 M. „ „ „ 42 ! 9 Uhr 46 M. ^ » n 20 

9 Uhr 42 M. ^ „ „ 40 I 9 Uhr 47 M. „ „ , 18 

9 Uhr 43 M. „ „ „ 88 ! 9 Uhr 48 M. , „ ^ 16 

9 Uhr 44 M. „ „ ^ 88 | 9 Uhr 50 M. „ „ „ 6 

Die letzten Pulsationen erfolgen sehr unregelmäfsig. 
9 Uhr 54 M. Das Herz steht still. Der Ventrikel und die Vor- 
höfe stark mit Blut gefüllt. Nach dem Herausschneiden pulsirt 
das Herz nicht mehr, selbst bei stärkerem Berühren. Wird der 
Ventrikel unterhalb des Sitzes der Ganglienzellen abgeschnitten, 
so löst die jedesmalige Berührung des Ventrikels eine Con- 
traction aus. 
Die Einwirkung auf's Herz geht nach diesen Versuchen 

dann vor sich, wenn die Einwirkung auf's Gehirn und Kücken- 
mark erfolgt ist, und zwar sind es beim Herzen ebenfalls die 
Ganglien, die von der Wirkung getroffen werden. Eine Ein- 
wirkung des Vagus kann ausgeschlossen werden, da das her- 
ausgeschnittene Herz nicht weiter pulsirt. Auch kann eine Ein- 
wirkung auf die Muskulatur des Herzens direct nicht angenom- 
men werden, da der Ventrikel durch ein^n Schnitt von dem 



20 

Einflufs der Ganglienzellen befreit, auf Reiz wie heim normalen 
Herzen eine Contraction auslöst. 

Bei der Anwendung des Chlorais auf Kaninchen verläuft 
die Wirkung in analoger Weise. 

Vll. Experiment. 

Ein grofses schwarzes, sehr lebhaftes Kaninchen wurde zum Ver- 
suche benutzt. 

Um 12 Uhr 29 Min. war das Thier durch Berührung erregt.« Resp. 
40, 43, 40 in ^ Min. Der Puls der Frequenz halber nicht zu 
zählen. 

12 Uhr 34 M. wird dem Kaninchen 1,0 Grm. Chloralhydrat in 

wässriger Lösung subcutan injicirt. Es bleibt ruhig. 

12 Uhr 38 M. Respir. 39 in der j- M. Das Kaninchen macht selbst- 
stäudige Bewegungen. 

12 Uhr 40 M. Respir. 31 in der |- M. Das Kaninchen rutscht beim 
Sitzen ein wenig mit den Vorderpfoten aus, richtet sich aber 
sofort wieder von selbst auf. 

12 Uhr 42 M. Respir, 31 in der i M. Ai\ den Ohren in die Höhe 
gehoben, läfet das Thier die Beine sinken, ohne sie, wie vor dem 
Versuche, wieder an sich zu ziehen. Beim Versuch das Thier 
hinzulegen, nimmt es von selbst seine frühere Stellung wieder 
an. Es rutscht mit den Vorderpfoten aus, ohne sie zurück- 
zuziehen. Beim Druck zieht es dieselben jedoch sofort an sich. 

12 Uhr 45 M. Respir. 19 in der ^ M. Beim Versuch, das Thier 
umzulegen, richtet es sich nur noch unvollständig auf; die Hin- 
terbeine verharren in liegender Stellung; beim Druck auf die Pfo- 
ten richtet es sich vollständig auf. 

12 Uhr 49 M. Respir. 20 in der j M. Das Thier legt den Kopf auf 
die Seite, die Pfoten rutschen aus; sind sie vollständig ausge- 
rutscht, so zieht das Thier sie zurück, sie rutschen wieder aus, 
und so fort. 

12 Uhr 53 M. Die hintern Extremitäten lassen sich ohne Widerstand 
umlegen. Wird das Thier ganz^ umgelegt, so richtet es sich 
von selber wieder auf. — Es läfst den Kopf sinken, so dafe die 
Schnauze den Tisch berührt. 

12 Uhr 56 M. Respir. 23 in der i M. Das Thier läfst sich um- 
legen, ohne • dafs es Versuche macht sich aufzurichten. Beim Ste- 
chen in die Beine, zieht es diese an sich. Die Pupillen reagiren. 

12 Uhr 59 M. Respir. 20 in der i M. Das Thier liegt noch aus- 



27 

gestreckt da; Reflexbewegungen lassen sich an den Beinen aus- 
lösen, ohne dafs das Thier den Kopf zu heben versucht. Beim 
Aufheben spannen noch einzelne Muskelgruppen. 

1 Uhr 2 M. Respir. 19 in der J M. Der Augapfel ist nach in- 
nen gestellt; beim Stich auf die Hornhaut zeigt sich keine Rea- 
ction, während die Extremitäten durch Stiche noch Bewegung 
auslösen. Das Thier läfst sich wie ein Cadaver aufheben, man 
kann es in jede Position bringen ; selbst über eine Stuhllehne ge- 
hängt, respirirt es ruhig weiter. 

1 Uhr 6 M. Respir. 19 ) 

1 Uhr 10 M. Respir. 17 ) in der i Min. 

1 Uhr 13 M. Respir. 19 ' 
Beim Stechen sowohl auf die vorderen, als auf die hinteren Ex- 
tremitäten, reagirt das Thier nicht. 

1 Uhr 16 M. Mit einem glühenden Drath die Hinterpfote ge- 
brannt, löst sich keine Zuckung aus. 

1 Uhr 17 M. Bei dem wiederholten Versuch mit einem glühenden 
Drath, löst sich bei ganz tiefem Brennen eine leichte Zuckung aus. 

1 Uhr 36 M. Respir. 14 in der i M. 

1 UThr 38 M. Respir. 14 in der \ M. 

1 Uhr 40 M. Respir. 13 in der ^ M. 

1 Uhr 41 M. Beim tiefen Brennen mit einem glühenden Drath 

durch die Cutis bis auf die Muskeln, löst sich keine Bewegung 

aus. — Respir. 18 in der ^ M. 
lühr 43. Respir. 14 in der -J M. | 1 Uhr 45 M. Respir. 13 in der -^M. 

Das Herz pulsirt wie beim Beginn. Die Schläge lassen sich der 

Schnelligkeit wegen nicht zählen. 

1 Uhr 48 M. Respiration in d. i M. 13 

2 Uhr 35 M. „ „ „ 13 
2 Uhr 36 M. „ „ «18 

2 Uhr 45 M. „ „ „ 13 



4 






.1 



3 Uhr 7|M. Respiration in d. ^ M. 13 \ 

3 Uhr 15 M. „ „ „ 13 

.4 Uhr 30 M. „ „ »13 ] 
4 Uhr 31 M. „ „ «13 l 

4 Uhr 45 M. Beim starken Druck auf die untern Extremitäten .i 

versucht das Thier ein wenig den Kopf aufzurichten. 
7 Uhr 15 M. Das Thier richtet sich auf, macht im Sitzen einige 

schwankende Bewegungen und verharrt in dieser Stellung mit 

geschlossenen Augen bis 9 Uhr, dann beginnt es das vorgestreute 

Futter zu fressen. 
9^ Uhr. Bei einem Versuch es zu berühren, springt es lebhaft davon. 

VUl. Experiment 

Eiii grofses graues Kaninchen, sehr lebhaft in seinen Bewegungen, 
hat 70, 65, 70 Respirationen in der { Min. 



28 

1 Uhr 28 M. wird dem Thier 1 Grni. Chloralhydrat , in 2 CC. 
Wasser gelöst, subcutan auf dem Rucken eingespritzt. 

1 Uhr 29 M. Respir. 70 in der i M. 

1 Uhr 35 M. Das Thier läuft fort, macht sehr lebhafte Bewegungen. 
Respir. 75 in der -J M. 

1 Uhr 41 M. Das Kaninchen läDst sich noch nicht umlegen. 

1 Uhr 44 M. Respir. 42 in der ^ M. Das Thier läfst den Kopf 
sinken, die hintern Extremitäten können umgelegt werden, ohne 
dafs sie zurückgezogen werden. 

1 Uhr 47 M. R. 43 in der ^ M. Die Augenlidspalte wird klei- 
ner, das Thier fällt von selber um, richtet sich jedoch wieder auf. 
1 Uhr 49 Min. Respir. in der j M. 41 | 1 Uhr 52 M. Respir. in der ^ M 28. 

1 Uhr 53 M. Beim Umlegen läfst es sich in jede beliebige Lage 
bringen. Der Körper folgt beim Aufheben nur dem Gefetz der 
Schwere; beim starkem Druck auf die hintern Extremitäten sind 
Bewegungsversuche da. 

1 Uhr 55 M. Respir. 28 in der ^ M. Die Pupille, ein wenig ver- 
engert, reagirt auf Lichtreize. 

1 Uhr 58 M. Respir. in der 4^ M. 26 | 1 Uhr 59 M. Respir. in der ^M 2G. 
Beim oberflächlichen Stechen mit einer Nadel, lösen sich keine 
Reflexe aus. Bei tieferem Stechen treten Zuckungen auf. 

2 Uhr 2 M. Bei tiefem Stechen keine Reaction. Bei starkem Druck 
auf die Cornea nur ganz leichte Reaction. 

2 Uhr SM. Respiration in der ^ M. 26 2 Uhr 10 M. Respiration in der ^M. 25 
2ühr 9M. „ „ „ 26 

Durch die Bauchdecken sind lebhafte peristaltische Bewegungen 
sichtbar. 

2 Uhr 14 M. Die Cutis wird mit einem glühenden Drath durch- 

brannt; es löst sich keine Bewegung aus. 
2 Uhr 21 M. Respir. m d. ^M. 25. 

Das Ohr des Thieres wird mit einem dicken glühenden Drath 
durchbrannt; keine Bewegung. Bei sehr starkem Druck jedoch leichte 
Bewegung. 



3 Uhr 6 M. Respiration in der ^ M. 23 

3 Uhr 7M. „ „ „ 23 

8 Uhr 15 M. „ „ „ 20 

3 Uhr 16 M. , « « 20 



3 Uhr 52 M. Respiration in der \ M. 18 

3 Uhr 58 M. „ „ „ 18 

6 Uhr 15 M. „ „ „ 17 

6 Uhr 16 M. ^ „ - 17 



Das Kaninchen liegt wie vorher ruhig respirirend da. Beim Auf- 
heben folgt der Körper dem Gesetz der Schwere. Beim stärkeren 
Druck auf die Extremitäten versucht das Thier den Kopf ein wenig 
zu heben. Das Thier hat sich stark abgekühlt und wird deshalb mit 
einem Tuche bedeckt. 



29 

7 Uhr 16 M. Respiration in ü. } M. 19 | 7 Uhr 16 M. Respiration in d. { M. 19 
7 Uhr 32 M. Reepir. in d. i M. 23. Das Thier macht eine frei- 
willige Bewegung, um sich aufzurichten; es wird hingesetzt, die 
Beine rutschen aus. Es hleibt in dieser Position mit geschlos- 
senen Augen ruhig sitzen. 
7 Uhr 34 M. Der Kopf sinkt auf die Seite. Respir. 23 in der 

7 Uhr 85 M. Respiration in d. | M. 19 7 Uhr SSM. Respiration in d. ^ M. 19 
7 Uhr 86 M. , , , 17 7 Uhr 89 M. „ • » 18 

7 Uhr 87 M. , » „ 19 

7 Uhr 43 M. Das Thier zieht die Vorderpfoten an sich, der Kopf 

mit geschlossenen Augen hängt seitlich herab. 
7 Uhr 50 M. Das Thier bewegt sich schwankend von seinem 

Platze, setzt sich dann in seine gewöhnliche Position. 
7 Uhr 51 M. Das Thier macht eine kleine Bewegung, bleibt dann 

sitzen, den Kopf aufrecht haltend, mit geschlossenen Augen. 
7 Uhr 52 M. Respir. in der ^ M. Der Kopf sinkt wieder auf die 

Seite. 
7 Uhr 55 M. Respir. in der ^ M. 20. 

7 Uhr 56 M. Respir. in der ^ M. 22. Das Elaninchen sitzt mit 
aufrechter Haltung des Kopfes und geschlossenen Augen da. 

7 Uhr 58 M. Respiration in d. ^ M. 20 | 7 Uhr 59 M. Respfration in d. j M. 20 

8 Uhr 3 M. Während das Thier noch in diesem halbschlafenden 
Zustande dasitzt, fängt es an, den yorgestreuten Hafer zu fressen. 

8 Uhr 5 M. Respiration in der \ M. 28 | 8 Uhr 10 M. Respiration in der j M. 20 

Das Thier sitzt ruhig da und schläft; weiter, es wird aufgerüttelt. 
Es früst gierig das vorgestreute Futter. 

9 Uhr. Das Thier ist vollständig munter wie vorher. Respir. 65, 
70, 65 in der i M. 

IX Experimeiit. 

Vier mittelgroße Kaninchen erhielten am Abend H Uhr, die ersten 
beiden 0,9^ ein anderes 1,8, das vierte 3,6 Grm. Chloralhydrat subcutan 
injicirt; die ersten beiden schliefen bis zum nächsten Morgen, das dritte 
bis zum Mittag des nächsten Tages und wurden dann vollkommen mun- 
ter. Das vierte war in der Nacht gestorben. 

X. Experiment. 

Einem mittelgrofsen schwarzen Kaninchen werden 1 Uhr 30 M. 
2,0 Grm. Ghloralhydrat in Wasser gelöst subcutan injicirt. 
1 Uhr 32 M. Respir. in der i M. 71. 

1 Uhr 33 M. Das Thier bleibt ruhig sitzen, läfst die Augenlider 
etwas sinken. 



y 



30 



1 Uhr 36 M. Respiration in d. ] M. 66 | 1 Uhr 40 M. Respiration in d. ^ M. 51 

1 Uhr 43 M. Es wurde noch eine subcutane Injection von 1,0 Grm. 

Chloralhydrat gemacht. 
1 Uhr 45 M . Respir. in der ^ M. 40. Das Kaninchen läfst den 

Kopf hängen. 

1 Uhr 49 M. Das Thier hat sich vollständig umgelegt. Liegt 
ausgestreckt auf dem Tisch. Pupille verengt. Bei stärkerem 
Kneifen macht es Bewegungsversuche. 

1 Uhr 51 M. Respiration in d. ^ M. 86 1 ühr 57 M. Respiration in d. | M. 27 
1 ühr 56 M. „ „ „ 27 

2 Uhr. Respir. in der -^ M. 25. Beim tieferen Stich lösen sich 
keine Bewegungen aus, die Cornea ist absolut unempfindlich. 

2 Uhr 4 M. Respiration unregelmäfeig. Dyspnoe. 

2 Uhr 7 M. Respiration in der ^ M. 41 J , - . , 

2 Uhr 12 M. , „ , 36 "^^'^'^^^ ..!°^ ""■ 

2 ühr 13 M. „ , " 36^ regelmafeig. 

Die Dyspnoe dauert fort bis 3 Uhr, dann erfolgt der Tod. 

Die Section ergab, dafs die Ventrikel und Vorhöfe mit dunklem Blut 
stark gefüllt waren. Die Lunge war an einzelnen Partien atelekta- 
tisch, an andern emphysematös. Es lieüsen sich auiserdem keine abnor- 
men Verhältnisse nachweisen. 



XI. Experiment 

Einem mittelgrofsen schwarzen Kaninchen wurden 2,5 Grm. Chloral- 
hydrat subcutan injicirt um 2 Uhr 3 M. 

2 Uhr 4 M. Das Thier läuft noch herum. 

2 Uhr 5 M. Läfst den Kopf hängen. 

2 Uhr 7 M. Man kann die Hinterbeine umlegen. 

2 Uhr 8 M. Der Kopf sinkt auf den Tisch, man kann es ganz 
umlegen. 

2 Uhr 9 M. Bei Berührung der Cornea leichte Bewegung der Au- 
genlider. 

2 Uhr UM. Beim Aufheben folgt der Körper dem Gesetz der 
Schwere. 

2 Uhr 15 M. Beim Brennen mit einem glühenden Drath, durch 

die Cutis hindurch, keine Reaction. 
2 Uhr 82 M. Respir. 19 in der ^M. | 2 ühr 33 M. Respir. 19 in der \U. 

2 Uhr 37 M. wird noch 1 Grm. Chloralhydrat nachgespritzt. 

2 Uhr 40 M. Respir. 18 in der ^M. Puls noch immer nicht zu 

zählen. 

2 Uhr 45 M. Die Respiration ist gleichmäDsig, aber stofsweise. 



31 

2 Uhr 48 M. Respir. 15 in der i M. Leichte Dyspnoe. 

3 Uhr 10 M. Zustand derselbe. 

3 Uhr 15 M. Die Pulsationen des Herzens sind verlangsamt, aber 

noch schwer zu zählen. 
3 Uhr 30 M. Respir. 7 in der ^ M. An den Lippen zeigt sich 

leicht bläuliche Färbung. 
3 Uhr 55 M. Keine Respiration. Kein Puls. 
Die Section ergab die Ventrikel schlaff mit Blut gefüllt. Die 
Lungen normal, blutreich. Die andern Organe normal. 

Die Versuche an Kaninchen beweisen, dafs die Chloral- 
wirkung dieselben Resultate liefert, die bei Fröschen bereits ge- 
zeigt worden sind. 

Versuch VII zeigt, dafs bei einem grofsen Kaninchen 
1,0 Grm. Chloralhydrat bereits nach 6 Minuten einwirkt, ohne 
ein Stadium der Erregung durch Erhöhung der Respiration zu 
zeigen. 34 Minuten nach der Anwendung ist tiefste Narkose 
vorhanden. Das Brennen mit einem glühenden Drathe bewirkt 
keine Zuckung. Zu bemerken ist jedoch, was sich oft auch 
bei den späteren Versuchen gezeigt hat, dafs selbst in der tief- 
sten Narkose, in der Brennen oder Stechen an allen Theilen 
des Körpers keine Reaction zeigt, Druck auf die Pfoten oder 
auf die Ohren eine Bewegung auslöst. In dem Stadium der 
Hypnose, in welchem die Thiere wie leblose Körper sich hand- 
haben lassen, fangen dieselben sogar bei sehr heftigem Druck 
auf die Pfoten an zu schreien. Dieselbe Erscheinung zeigt 
sich jedoch auch, wie ich es öfters zu beobachten Gelegenheit 
hatte, bei Kaninchen, die man langsam chloroformirt. Die 
Respirationsfrequenz sinkt, wie bei schlafenden Thieren, be- 
trächtlich. Die Herzaction ist, selbst in der tiefsten Narkose, 
nicht merkbar schwächer geworden. Nachdem das Thier 8.^ Stun- 
den die beschriebene Einwirkung des Chlorais gezeigt hat, be- 
ginnt es zu fi-essen. Es wiederholt sich bei allen Versuchen 
an Kaninchen, dafs sie, selbst mit geschlossenen Augen, sobald 
sie nur sich aufgerichtet haben, beim Geräusch des niederfal- 
lenden Hafers oder bei der Berührung mit Kohlblättem, sofort 
zu fressen anfangen. Ich fiihrc diese Thatsache an, weil sie, 
wie ich glaube, zeigt, dafs das Allgemeinbefinden der Thiere 



32 

durchaus nicht alterirt ist. Der folgende Versuch, No. VIII, 
zeigt dasselbe Bild der Einwirkung des Chloralhydrats, während 
} die Versuche X und XI die Wirkung der tödtlichen Dose vor- 

führen. Nach Injection von 2,5 und 3,0 Grm. erfolgt nach 50 Mi- 
nuten der Tod unter der Erscheinung der Herzlähmung. Die 
Stadien der Hypnose und Anästhesie gingen auch hier vorher. 

Ich glaube diese Verbuche, welche den Parallelismus zwi- 
schen der physiologischen Wirkung des Chlorals und der be- 
I kannten des Chloroforms zeigen sollen, schliefsen zu können und 

t ffige hinzu, dafs die Wirkung bei Hunden vollständig überein- 

g stimmend ist mit der bereits beschriebenen Wirkung an Fröschen 

4 und Kaninchen. Bei einem mittelgrofsen Hunde wurden 6 Grm. 

Chloralhydrat verbraucht, um zur vollständigen Anästhesie zu 
gelangen. 






} 

* 

.1 



SS 



Therapeutische Versuche. 

Die vorstehenden Versuche an Thieren föhren uns das 
Chloral in seiner Wirkungsweise so präcise vor, daTs es durchaus 
nicht gewagt erscheinen durfte, mit seiner Anwendung beim 
Menschen vorzugehen. Die subcutane Injection der Substanz 
bei Thieren verursachte durchaus keine locale Irritation, und 
es war deshalb nicht zu zweifeln, dais dieselbe auch beim Men- 
schen locale Erscheinungen nicht hervorrufen werde. Der Ver- 
such bestätigte dies vollkommen. Durch die ersten Dosen sollte 
lediglich der Nachweis dieser Behauptung geföhrt werden, zu 
welchem Zweck bei verschiedenen Geisteskranken 0,9 CC. Wasser, 
enthaltend 0,45 Chloralhydrat, subcutan injicirt wurden. Es 
zeigte sich bei Keinem weder eine allgemeine, noch eine örtliche 
Wirkung; nur bei einem Kranken, der hypochondrisch verrückt, 
und bei dem, nach Angabe des Herrn Dr. Jastrowitz, schon die 
Percussion des Thorax schmerzhaft empftinden wird, war die 
Einspritzung mit Schmerz verknüpft. Um eine Wirkung zu 
erzielen, glaubte ich deshalb mit stärkeren Dosen vorgehen zu 
dürfen. In welcher Weise nun diese Wirkung beim Mensehen 
verläuft;, sollen die folgenden Krankengeschichten illustriren. 

Durch die liebenswürdige Bereitwilligkeit der Herren Pro- 
fessoren Westphal, Joseph Meyer, Bardeleben, Virchow und 
V. Langenbeck, welche mir die Kranken ihrer Abtheilungen zur 
Verfiigung stellten, wurde es mir ermöglicht, diese Versuche durch- 
zuftihren, und ich nehme die Gelegenheit wahr, sowohl diesen, 
wie auch den Herren Stabsärzten Berkofsky, Thilo, Fuhrmann, 
Herren Dr. Jastrowitz und Dr. 'Trendelenburg, meinen besten 
Dank fiir die bereitwilligst gewährte Unterstützung zu sagen. 

Liebreich, das ChloraL 3 



34^ 
I. 

(IrrenabtheiluDg des Charit^-Krankenhauses, Prof. Wesiphal.) 
Stöckel, 42 Jahre alt, Epilepticus mit Wahnidee ängstlicher Na- 
tur. Patient glauht, er solle verbrannt werden, und verläfet deshalb 
öfters unruhig sein Bett, leidet an Schlaflosigkeit. Es wurden ihm 
1,36 Grm. Chloralhydrat, in 2,7 CC. Wasser gelost, subcutan unter die 
Haut des Oberarms in drei Functionen injicirt. Der Patient macht gar 
keine Bewegung, welche auf Schmerz schliefsen läist. Nach 3 Minuten 
beginnt er zu gähnen und blinzelt häufig mit den Augen. Nach 10 Mi- 
nuten schliefst Patient vollständig die Augen ; bei starker Berührung offtiet 
er dieselben, schliefst sie aber sogleich wieder. Nach einer Stunde konnte 
Patient durch Nadelstiche erweckt werden, schlofs aber alsbald wieder die 
Augen und verharrte im Ganzen 3 Stunden im schlafenden Zustande; 
nach seinem Erwachen nahm Patient in gewohnter Weise die Mahlzeit 
zu sich. Diesen Versuch habe ich bei demselben Patienten dreimal, mit 
genau derselben Dose und demselben Erfolge wiederholt. 

n. 

. ( Irrenabtheilang des Charit^-Krankenhauses, Prof. Westphal.) 
Die an progressiver Paralyse leidende Frau H., 39 Jahre aJt, 
schlief 7 Stunde nach der Einspritzung obiger Dosis nahezu | Stunde, 
wachte alsdann auf, afs ihre Mittagsmahlzeit wie gewöhnlich, liefs jedoch 
hinterher soweit eine Abweichung von ihrem sonstigen Verhalten er- 
kennen, als sie beim Charpiezupfen beständig einnickte. Auch am an- 
dern Morgen noch schlief sie, auf dem Stuhle sitzend, ein und stürzte 
dabei auf die Erde. 

ni. 

( Irrenabtheilung des Charitd-Rrankenhauses, Prof. Westphal.) 
Die blödsinnig verwirrte, besonders von lebhaften Sinnestäuschun- 
gen heimgesuchte J., 23 Jahre alt, erhielt um 12| Uhr 1,58 Grm. 
Chloralhydrat in Wasser subcutan. Sie schlief | Stunde später ein. 
Der Schlaf dauerte 1 Stunde; dann klagte sie über Kopfschwindel, der 
sie zwang sich wieder niederzulegen. Darauf schlief sie noch 2 Stunden 
lang fest. Am andern Morgen war ihr der Kopf noch eingenommen. 

Aus diesen drei Fällen ist ersichtlich, dafs bei einer Dose 
von durchschnittlich 1,5 Grrm. schon nach ganz kurzer Zeit, bei 
dem Kranken St. schon innerhalb der ersten Minuten, Narkose 
eintritt In den beiden anderen Fällen ist die Wirkung eine 
mchi so schnelle, aber von derselben Intensität und nachhaltiger. 
Der Puls, auf den besonders geachtet wurde, sowie die Eespi- 



85 

ration, verhielten sich wie beim physiologischen Schlaf; auch die 
Farbe des Gesichts und das ganze Aussehen zeigte sich in Nichts 
von dem Bilde verschieden, das ein naturgemä&er Schlaf dar- 
zubieten pflegt. 

Da es sich durch die subcutane Injection erwiesen hat, dafe 
relativ grofse Dosen erforderlich sind, um eine Wirkung her- 
vorzubringen, so entschlofs ich mich nunmehr zur inneren An- 
wendung des Chloralhydrats überzugehen. Anfangs blieb ich 
bei der Dose, welche ich subcutan angewandt hatte, und ich lasse 
hier den Bericht zweier solcher Versuche folgen: 

IV. 

(Nervenabtheilung des Charit^ -Krankenhauses, Prof. Westphal. 81. ICai 1869.) 

AlbertJaensch, 27 Jahre alt, Tischler, seit dem 21. März 1868 
in der Charite aufgenommen, leidet seit dem 17. December 1867 an 
einer Spondylitis. Patient klagt häufig über grofse Schmerzen, von den 
kranken Wirbeln ausgehend; aulserdem hat sich ein ziemlich beträcht- 
licher Decubitus eingestellt. Die Schmerzen hindern ihn oft an seiner 
Nachtruhe, weshalb er sehr häufige Morphium -Iigectionen erhielt, in 
Dosen von 0,045 Grm. (4 bis 5 mal an einem Tage), ohne dafe eine 
besondere Wirkung davon ersichtlich wurde. 

Am 31. Mai um 11 Uhr 30 M. erhielt Patient 1,35 Grm. Chloral- 
hydrat in einem Weinglase voll Wasser. 

11 Uhr 35 M. äufisert Patient, ihm werde so mnde als wenn er 

schlafen wolle. 
11 Uhr 40 M. Patient beginnt mit den Augen zu blinzehi. Auf 
Befragen giebt er an, keine Kopfschmerzen oder Ohrensausen zu 
haben. Gefragt, ob ihm jetzt behaglich zu Muthe sei, antwortet 
er: ja sehr. 
11 Uhr 42 M. Patient äulsert, er habe Angst, er soUe operirt wer- 
den, er mochte nicht schlafen; während er dies äulsert, sinken 
die Augenlider tiefer. 
11 Uhr 47 M. Patient hält die Augen geschlossen, er schläft. Re- 
spiration ruhig. Auf Anrufen öffiiet er die Augen, schliefst sie 
jedoch sofort wieder und schläft weiter. 
3 Uhr. Patient schläft, durch Anrufen wird er leicht erweckt und 
schläft dann bis 5 Uhr. Patient ist noch sehr schlmnmersfichtig. 
Befragt, warum er nicht schlafe, giebt er zur Antwort, er wäre 
oft gestört worden. Patient giebt an, bis dahin frei von Schmer- 
zen gewesen zu sein. Beschwerden haben sich nicht eingesteUt. 

8* 



36 
V. 

(Station des Herrn Prof. Joseph Meyer.) 

Bisch off, 43 Jahr alt, leidet wahrscheinlich an Carcinoma he- 
patis mit ziemlich rapidem Verlauf. Häufig eintretende Schmerzen 
in der Regio hypogastrica; schlaflose Nächte. Seit c. 1 Monat nur 
stundenweise Schlaf durch subcutane Injectionen, in der letzten Zeit 
von Morph, hydrochlor. 0,06 Grm. , wozu noch nach Bedürfnifs 1 bis 
2 Pulver Morph, hydrochlor. ä 0,01 Grm. verabreicht wurden. Patient 
leidet häufig an gastrischen Störungen, die leicht Erbrechen zur Folge 
haben. 

Um 10 Uhr 30 M. gab ich 1,35 Grm. Chloralhydrat, in einem 
halben Weinglase Wasser gelöst. Innerhalb 5 Minuten legte sich der 
Kranke in eine bequeme Position, machte die Augen zu und schlief. 
Nach 10 Minuten wurde er durch eine kräftige Berührung und starkes 
Anrufen geweckt. Bischoff schreckte wie aus einem tiefen Schlaf plötz- 
lich auf und antwortete klar auf die ihm vorgelegten Fragen, legte sich 
dann sofort wieder in seine alte Position und schlief sogleich weiter. 
Bei einer Besichtigung des Mittags fand ich Patienten noch fest schla- 
fend, eine ziemlich starke Berührung erweckte ihn nicht. Gegen 5 Uhr 
wachte B. auf. ü^ach seinem Befinden beiragt, gab er an, dafs er 
geringen Kopfschmerz in der Schläfengegend empfinde und ihm etwas 
schwindlig zu Muthe sei. Dagegen klagte Patient weder über Angst, 
Beklemmung, noch über Uebelkeit. Das Erwachen des B. wurde durch 
die Vorbereitung zur Krankenvisite und durch diese selbst hervorge- 
rufen. Patient hat also 6^ Stunde geschlafen, während er nach den 
früher gegebenen Dosen von Morphium nur von 7 bis 11 Uhr (also 
4 Stunden) schlief. Am nächsten Morgen erzählte Patient, dafs die 
Kopfschmerzen nicht von langer Dauer gewesen seien. 

Es ist von Interesse, in diesen beiden Fällen zu constatiren, 
dafs die innerlich angewandte Dose nicht eine entsprechend hö- 
here zu sein brauchte; es ist allerdings in Betracht zu ziehen, 
dafs die früheren subcutanen Dosen bei Geisteskranken angewandt 
waren. Die Präcision der Wirkung war in beiden Fällen inner- 
halb 5 Minuten zu beobachten. Das allmälige Zufallen der Au- 
gen, selbst bei dem sich gegen die Narkose wehrenden Albert 
Jaensch, unterscheidet sich in dem äufsern Anblicke in Nichts 
von dem Zustande, welchen eine überwältigende Müdigkeit auf 
uns ausübt. Diese beiden Fälle liefern auch zugleich eine Par- 
allele zwischen der Morphiumwirkung und der Wirkung des 



•37 

ChloraJhydrats. Hervorzuheben ist, dafs bei keinem der Patien- 
ten, welche Chloral bekommen hatten, ganz analog den oben be- 
sprochenen Versuchen an Thieren, ein Stadium der Erregung, 
weder anfangs noch nachträglich, sich zeigte, während beim 
Morphium die einschläfernde Wirkung oft erst Stunden nach der 
Application erfolgt und gastrische Störungen als häufige Begleiter 
der Morphiumwirkung zu beobachten sind. Bei dem Kranken 
Bischoff vermehrten deshalb auch die Morphiuminjectionen, ohne 
eine erheblich langdauernde hypnotische Wirkung zu zeigen, die 
gastrischen Störungen, während er nach Anwendung des ChloraJs 
über gar keine Uebelkeit zu klagen hatte. Uebrigens liefs sich 
schon, abgesehen von den Thiervewsuchen, bei den Fällen der 
Kranken I und U deutlich erkennen, dafs ein Gastricismus 
nach dem Chloral nicht eintritt. 

In Bezug auf die vergleichende Wirkung des ChloraJhydrats 
mit dem Morphium, dürften auch folgende Krankengeschichten 
von Interesse sein, bei denen zugleich mit einer gröfseren Dose 
vorgegangen wurde: 

VI. 

(Chirurg. Abth. d. Charit^Krankenhauses, Geh. Rath Bardeleben. 1. Juni 1869.) 

Henriette Pollex, 34 Jahre alt, leidet an acuter, aufserordentlich 
schmerzhafter Entzündung des rechten Handgelenkes. Dieselbe klagte 
am 31. Mai Nachmittags über grofse Schmerzen im genannten* Gelenke 
und hatte wegen dieser Schmerzen die ganze Nacht hindurch nicht ge- 
schlafen. 

Um ll|Uhr wurde derselben 1,78 Grm. Chloralhydrat in einem 
Weinglase voll Wasser verabreicht. Nach \ Stunde war keine Wirkung 
zu bemerken. 

Um 12^ Uhr wurden der Kranken die schon vor Verabreichung 
des Chloralhydrats verordneten Blutegel (12 Stück) an das äufserst 
schmerzhafte Handgelenk gesetzt. Während dieses Aktes fühlte sich die 
Kranke von Ermüdung ergriffen und schlief, während die Blutigel so- 
gen, fest ein; dieser Schlaf währte circa ^ Stunde. Als Patientin er- 
wachte, zeigte sie noch ein gewisses Bedürftiiss weiter zu schlafen und 
klagte über Schmerzen in der Stirn- und Schläfengegend. Auch am 
Nachmittag lag sie noch mehrere Stunden im Halbschlummer und 
schlief die nächstfolgende Nacht so gut, wie sie angeblich während ih- 



40 

Kurzem wurde indefs die Respiration regelmäfsig, ziemlich tief (28 
in der Minute). In dem Zustand der Pupillen hatte sich nichts ge- 
ändert, auch auf lautes Anrufen reagirte Patient nicht. Erst wenn 
man ihm in's Ohr hinein schrie, erwachte er, murmelte leise unver- 
ständlich und schlief sogleich wieder ein. Bei Stichen in die Fufssohle 
erfolgen Reflexzuckungen, aber keine Locomotionen. Bei tieferen Sti- 
chen in die Palma manus zieht er den Arm zurück. Bei Stichen in's 
Gesicht greift er nach der gestochenen Stelle, während er die Augen 
immer geschlossen hält. 

Nach 32 Min. Puls 72. 

Nach 57 Min. Puls 66. Respir. 24. 

9 Uhr Abends wird Pat. wach, bleibt im Bette liegen, in welchem 
er den Rest der Nacht wach zubrachte. Es war jedoch nicht nöthig, 
ihn, wie sonst gewöhnlich, zu isoliren. 

Den Tag darauf war der Zustand der alte. 

Nachtrag. Ich glaube an dieser Stelle eitlen therapeutischen 
Versuch nachtragen zu müssen, den Herr Dr. Jastrowitz später an St. 
angestellt hat. Am 7. Juli, als Pat. wiederum einen höchst unruhigen 
Tag gehabt hatte, wurde ihm um 7 Uhr Abends 0,03 Grm. Morph, hy- 
drochlorat. subcutan in den Vorderarm injicirt. Pat. wurde zu Bett 
gebracht und i Stunde später chloroformirt. Die Narkose erfolgte 
leicht, der Schlaf hielt ^ Stunde an, nach welcher Pat. erwachte, lär- 
mend aus dem Bett zu springen versuchte und überhaupt keinerlei 
weitere Wirkung zeigte als eine etwas gröfsere Mattigkeit. 

Die Krankengeschichte der Pat. Pollex liefert den Nach- 
weis, dafs bei erhöhter Dose bereits ein gewisser Grad von Anäs- 
thesie eintritt. Die äufserst empfindliche Patientin liefs sich 
12 Blutegel setzen, während sonst die leiseste Berührung des 
afficirten Handgelenks die heftigsten Schmerzen hervorrief. Dafs 
die Anästhesie nicht ganz vorübergehender Natur war, beweist 
der Umstand, dafs Pat., ohne aufzuwachen und ohne später etwas 
davon zu wissen, sich einen Verband anlegen liefs, der, nach 
Angabe des Geh.Rath Bardeleben und Stabsarztes Berkofsky, ohne 
Anästhesie der Kranken, nicht wohl hätte bewerkstelligt werden 
können. Es bestätigte sich bei derselben Patientin auch das 
vorher über den Unterschied der Wirkung von Morphium und 
Chloral Angefiihrte auf das deutlichste. Während die Pat. nach 
Morphium nicht schlief, aber erbrach, blieb die hypnotische Wir- 
kung nach Chloralhydrat in keiner der drei bei derselben ge- 



41 

machten Beobachtungen aus. Die Unterbrechung des Schlafes 
hat hier wohl ihren Grund darin, dafs Pat. die Dose am Tage 
bekommen hatte und in einem Saale lag, in welchem durch das 
Zusammenliegen einer grolsen Zahl von Kranken häufige Störun- 
gen verursacht wurden. 

Die Lösung des Chloralhydrats in Wasser hat einen etwas 
bitteren Geschmack und läfst bei manchen Patienten gelindes 
Kratzen im Halse zurück. Ich habe deshalb von vielen der an- 
gewandten Corrigentien den Syrupus Cort. Aurant. als den ge- 
eignetsten gefunden, da das Medicament hierdurch einen höchst 
angenehmen, sülsbitteren Geschmack erhält. Zugleich konnte 
ich mich bei Fall VI* überzeugen, dafs dasselbe beim Aufbe- 
wahren in dieser Lösung nicht an Wirksamkeit verliert. 

Der Fall VII zeigt, wie bei dem höchst aufgeregten Gei- 
steskranken Stürmer, nach einer Dose von 3,5Grm., ein Schlaf 
von 2| Stunden mit einer beruhigenden Nachwirkung eintrat und 
sowohl Puls als Respiration nach einem stundenlangen Schlafe 
nicht unter die Norm gesunken war. 

Wie schwierig es überhaupt bei diesem Patienten war, eine 
hypnotische Wirkung hervorzubringen, zeigen die vergeblich an- 
gewandten Dosen von Morphium und die Verbindung des Chlo- 
roform mit Morphium, welche hier nur einen halbstündigen 
Schlaf bewirkte, während grade diese Combination zur Erzeu- 
gung einer langdauemden und tiefen Hypnose vielfach empfoh- 
len ist. 

Dafs die Dose bis zu 2,0 Grm. nicht zur vollständigen 
Anästhesie ausreicht, ergiebt sich auch aus folgendem Fall: 

VIII. 

(Chirurgische Klinik, Geh. Rath v. Langenbeek. 6. Juni 1869.) 

Louise B., 22 Jahre alt, wurde in die Langenbeck'sche Klinik 
wegen eines ausgedehnten Lupus der Na^e, Oberlippe und Zunge auf- 
genommen. Pat hat seit 14 Tagen ein Zittmannsches Decoct getrun- 
ken; sie leidet seit 1^ Jahren an starkem Bronchialcatarrh mit zeit- 
weise blutigem Auswurf; der Tuberculose stark verdächtig. Die Men- 
ses stellten sich bei ihr spärlich und unregelmäfsig ein. Pat. bietet 
das Bild einer Hysterica dar. 



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42 

Um 1 Uhr 30 Min. erhielt sie 1,8 Chloralhydrat, in einem Wein- 
glase Wasser. Schon nach 5 Minuten f^ngt Pat. an mit den Augen zu 
blinzeln, nach 20 Minuten schläft sie fest. Von Zeit zu Zeit macht sie 
zuckende Bewegungen mit den Armen. Geh. Rath v. Langenbeck nahm 
hierauf eine Aetzung der lupösen Stelle mit Kali caust. vor. Patientin 
wacht auf, schreit und macht abwehrende Bewegungen. Nach Ablauf 
der Aetzung, die etwa 2 Minuten dauerte, ist Pat. vollständig wach, 
bleibt in sitzender Stellung und beginnt in dieser Stellung die Augen 
zu schliefsen. 

Nach 12 Minuten legt sie sich hin und schläft ruhig weiter. 

Um 4 Uhr wachte Pat. vollständig auf und behauptete Alles ge- 
fühlt zu haben. 

Dieser Fall gewährt, trotz der nicht zur Anästhesie aus- 
reichenden Dose des Chloralhydrats, insofern ein grolses In- 
teresse, als nach der höchst schmerzhaften und eingreifenden 
Operation, als welche das Aetzen mit Kali causticum unbedingt 
zu betrachten ist, dennoch die hypnotische Wirkung keinen Ein- 
trag erAihr und so wesentlich zur Erleichterung beigetragen hat. 

IX. 

(Gefangenen-Station d. Charit^Krankenhauses, Prof. Virchow. 8. Juli 1869.) 

Louise Hörn, Köchin, aus der Stadtvoigtei angenommen den 
31. März, erkrankte am 28. März an Endocarditis und Eczema crur. 
sin., nachdem sie früher an Gelenkrheumatismus gelitten^ Die Endo- 
carditis hatte eine Stenosis valv. mitr. zur Folge. Pat. klagt über häu- 
figes Erbrechen und Kopfschmerzen, bringt die Nächte schlaflos zu 
und leidet an häufigen Anfallen von Dyspnoe und Herzklopfen. Ordin. 
Digital, später, nach Ablauf des Fiebers, Inf. Valerian.; auiserdem er- 
hielt Pat. bisweilen gegen die Schlaflosigkeit Morph, zu 0,015 Grm., 
ohne besondere Wirkung. 

Sie erhielt am 8. Juli 1 Uhr 35 Min. Mittags 1,85 Grm. Chloral- 
hydrat, in einem Weinglase voll Wasser; Puls vor der Verabrei- 
chung 96. 

2 Uhr 12 M. Pat. liegt mit halbgeschlossenen Augen da, schreckt 
von Zeit zu Zeit auf, indem sie zu fallen meint, fühlt sich müde und 
will weiter schlafen. 

2 Uhr 25 Min. Puls 90. 2 Uhr 42 M. Puls 84, regehnäfeig 
und voll. 

2 Uhr 48 M. Puls 80. Sie schläft. 

3 Uhr 14 M. erwacht Pat., klagt über Benommenheit des Kopfes, 



48 

will fest geschlafen haben. Puls 84. Antworten sind langsam und 
schläfrig; nach wenigen Minuten völliger Augenschlufs und ruhiger SchlaC 

3 Uhr 52 M. Häufiges Stöhnen, auf Anrufen keine Reaction, Arme 
fallen beim Aufheben schlaff nieder. Puls 80. 

Den 9. Juli 1869 Morgens. Pat. hat während der Nacht gut ge- 
schlafen. Puls 96. Klagt über Kopfschmerz, aber keine Uebelkeit. 

9 Uhr 50 M. Pat. fohlt sich noch immer matt, hat Herzklopfen, 
Uebelkeit nicht vorhanden. 

Zu bemerken ist, dais Pat. eine Hysterica ist und angab, 
sie hätte viel besser schlafen können, aber sie hätte sich mit aller 
Kraft dagegen gewehrt, weil sie gefürchtet, eine frühere Bitte 
von ihr, das Herz zu operiren, solle erftllt werden. 

Dieser Fall mufste mich belehren, dafs, neben der aberma- 
ligen Bestätigung, dafs das Chloralhydrat in seiner Wirksam- 
keit sicherer sei als das Morphium, man seine Anwendung bei 
Herzkranken nicht zu scheuen habe, da in der hypnotischen 
Dose keine directe Einwirkung aufs Herz, wie es schon die 
Versuche an Thieren gezeigt hatten, ersichtlich war. Was die 
geringen Kopfschmerzen der Patientin nach dem Erwachen be- 
triffi, so glaube ich, dafs dieselben ihre Ursache finden in der 
Anstrengung, die sie machte, sich des Schlafes zu erwehren, dem 
sie dennoch unterliegen mufste. 

Dafs diese Kopfschmerzen nicht als nothwendige Folge der 
Chloralwirkung aufzufassen sind, beweist folgender Fall, in wel- 
chem die hypnotische Wirkung sich in Nichts von dem physio- 
logischen Schlafe unterscheidet. 

X. 

(Chirarg. Abtheil, der Cbarit^, Geh. Rath Bardeleben. 8. Juli 1869.) 

Witt, Bahnbeamter, 33 Jahre alt, wurde am 24. April 1869, einer 
Conquassatio ped. sin. wegen, aufgenommen. Pat. genas von einer Pleu- 
ritis am 14. Juni; zurück blieb ein Husten mit katarrh. Auswurf. Pat. 
hat wiederholentlich Morph, muriat., sowohl subcutan als innerlich, be- 
kommen, ohne dafs eine nachhaltige Schlafwirkung eingetreten wäre. 

6 Uhr 15 M. erhält Pat 2,1 Grm. Chloralhydrat, gelöst in 15,0 
Grm. Wasser mit 15,0 Grm. Syr. Gort. Aurant. Puls 146. Respir. 30 
in der Minute. 

6 Uhr 19 M. PuU 144. Respir. 36. 



44 

6 Uhr 20 M. Pat erzählt, er hätte eine feste Natur, aber jetzt 
scheine es doch zu wirken. 

6 Uhr 21 M. Puls 144. Respir. 38. 

6 Uhr 25 M. Pat. blinzelt häufig mit den Augen. 

6 Uhr 26 M. Pat läfst die Augenlider ganz fallen, der Corru- 
gator supercil. spielt. 

6 Uhr 27 M. Die Augenlidspalte wird immer kleiner. 

6 Uhr 29 M. Pat. hält die Augen geschlossen, er schläft. 

6 Uhr 30 M. Puls 144, ist etwas voller. Die Respir. konnte 
nicht gezählt werden, weil Pat. hustete und auswarf. Er öffiiet die 
Augen, schläft aber gleich weiter. 

6 Uhr 32 M. Respir. 32. 6 Uhr 45 M. Puls 142. Respir. 38. 

Um 9 Uhr Abends wacht Pat. auf, giebt an, gut geschlafen zu 
haben, und ist ohne Kopfschmerzen. Puls 134. Respir. 30. 

Morgens 5^ Uhr schläft Pat. ruhig und wird durch mein Hinein- 
treten geweckt, schläft wieder ein bis 7 f Uhr, wo er vollständig mun- 
ter wird. Pat. giebt an, dafs er gut geschlafen habe und sich erquickt 
fühle, und bittet um Wiederholung dieses Mittels. 

Hierbei möchte ich nicht unerwähnt lassen, dafs ich Pat. 
später gesehen und er mich um das neue Mittel bat, weil er seit- 
dem nie mehr so gut geschlafen habe. 

XI. 

(Gefangenen-Station der Charit^, Prof. Virchow. 8. Juli 1869.) 

Louis Jean Seffern, 31 Jahre alt, am 13. April 1869 in diese 
Station aufgenommen. Pat. litt an Coxitis dextr., Phthisis pulm. und 
amyloider Degen, von Milz, Leber, Nieren und Darm. Pat. war con- 
stant schlaflos, litt an Heiserkeit und klagte oft über Schmerzen in 
der Gegend des Kehlkopfs. Nach Morphiuminjectionen schlief Patient 
flicht und will behufs Ausfuhrung einer Operation früher 3 Unzen 
Chloroform, nach seiner Angabe, verbraucht haben; giebt zu, Potator 
gewesen zu sein. 

1 Uhr 22 M. erhielt Pat. 1,85 Grm. Chloralhydrat, in einem Wein- 
glase voll Wasser. 

1 Uhr 33 M. Die Wirkung zeigt sich gar nicht, er bekommt 
nochmals 0,45 Grm. 

2 Uhr 10 M. Pat. schläft ein und spricht, leise vor sich hin. 

2 Uhr 30 M. Pat. wacht auf, klagt über Benommenheit des Ko- 
pfes und Schläfrigkeit und schläft darauf wieder auf | Stunden ein, 
dann erbricht er. Kopfweh bestand nicht. Pat. hat Appetit, klagt 
über vielen Durst, fühlt sich matt und will mehr gehustet haben. In 



45 

der Nacht hat Pat Schmerzen im Halse. Am nächsten Morgen be- 
stand Abgeschlagenheit, Benommenheit und Rauschen im Kopf. 

6 Tage darnach erhielt Pat. subcutan 2 Einspritzungen = 1,25 
Grm. Chloralhydrat. Er schlief schnell ein, der Schlaf dauerte 1| Stun- 
den, und es stellten sich gar keine üblen Nachwirkungen ein. 

Zu der diesen Untersuchungen zu Grunde liegenden theo- 
retischen Voraussetzung, dals die Wirkung des Chlorals auf der 
des Chloroforms beruhe, dürfte der eben vorgeführte Fall eine 
geeignete Illustration in klinischer Beziehung darbieten. 

Pat. giebt, ohne dazu aufgefordert zu sein, an, dafs 3 Un- 
zen Chloroform zu einer Narkose bei ihm erforderlich gewesen 
wären, was in dem Umstände, dafs er gestand, Potator gewesen 
zu sein, seine Erklärung findet. In gleicher Weise bedurfte es 
hier einer verstärkten Dose Chlorals, die dann auch nur eine 
verhältnilsmäfsig geringe hypnotische Wirkung hervorbrachte. 
Dafs der nachfolgende vermehrte Hustenreiz durch die innere 
Application in Folge des Reizes auf den kranken Kehlkopf be- 
dingt sei, wurde durch die spätere subcutane Anwendung, nach 
welcher dieser Reiz ausblieb, bestätigt.. 

XII. 

(Cbirarg. Abth. des Charit^-Krankenhanses, Geh. Rath Bardeleben. 23. Juni 1869.) 

Stephan, Müller, 23 Jahre alt. St. erlitt am 23. Juni durch eine 
Kreissäge eine Verletzung der rechten Hand, bestehend in einer Wunde 
am Daumen und Mittelfinger und Verlust des Nagelgliedes am Zeige- 
finger; er wurde sofort nach der Charite transportirt. 

Um 11 Uhr 22 M. bekam Patient 2,5 Grm. Chloralhydrat (2,5 
Grm. Chloralhydrat in 15 Grm. Wasser mit 15 Grm. Syr. cort. aurant.)* 

Bald darauf schlofs Patient von Zeit zu Zeit die Augenlider, öfif- 
nete sie jedoch bei jedem Geräusch wieder. 

Um 12 Uhr 30 M. nahm Pat. auf sein Verlangen Suppe zu sich, 
legte sich dann wieder hin und bot dem Beobachter dasselbe Bild wie 
vorher dar. 

Um 2 Uhr 15 M. schlief Patient fest ein. Der Schlaf dauerte 
bis 3 Uhr. 

Um 3 Uhr 15 M. schlief Pat. wieder ein und erwachte um 6 Uhr. 

Zu bemerken ist, dals in dem Krankensaale viele Kranke lagen 
und öfters laute Störungen vorkamen. 

Auf Befragen giebt Pat. an, dafis er gut geschlafen habe. Son- 



46 

stige Beschwerden wie Kopfschmerz, Bauchweh, Uebelkeit oder GefShl 
von Benommenheit will er nicht haben. 

XHa. 

(Chirurg. Abtheilung des Charit^KrankeDhauses, Geh. Rath Bardeleben.) 

Stephan. Am 25. Juni 1869 um 11 Uhr 15 M. erhielt Patient 
3,5 Grm. Chloralhydrat (3,5 Grm. Chloralhydr., 15,0 6rm. Wasser, 15,0 
Grm. Syr. cort. Aurant). 

Um 11 Uhr 42 M. fängt Pat. an, von Zeit zu Zeit die Augen zu 
schliefsen, wird aber durch Geräusche wieder aufgewekt. 

Um 11 Uhr 48 M. leiser Schlaf, aus dem Patient durch Nadel- 
stiche wieder aufgeweckt wird. 

Um 11 Uhr 53 M. ziemlich fester Schlaf. Pulsfreq. 60. Resp. 20. 

Um 11 Uhr 55 M. vermögen Nadelstiche den Pat. nicht aus sei- 
nem Schlaf zu erwecken, er macht nur eine abwehrende Bewegung. 
Ruft man ihm in's Ohr, so erwacht Pat. auf einen Augenblick, um 
sofort wieder einzuschlafen. 

Um 12 Uhr wacht Pat. selbst bei sehr lauten Geräuschen nicht auf. 

12 Uhr 1 M. Pat. wird durch lautes Anrufen aufgeweckt Er 
erhält Besuch von seinen beiden Schwestern, die ihn nach der Ver- 
letzung noch nicht gesehen haben; er wird dadurch augenscheinlich 
gemüthlich afEcirt; er weint. 

12 Uhr 30 M. schläft Pat, allein gelassen, wieder ein, wacht je- 
doch nach 10 Min. wieder auf. 

1 Uhr 35 M. nahm Pat. seine Mahlzeit mit vollem Appetit zu 
sich. Auf Befragen, ob er müde sei, giebt er an, dals er jedenfalls in 
kurzem wieder einschlafen werde. 

2 Uhr. Patient schläft em. 

2 Uhr 15 M. Patient schläft noch. 

2 Uhr 45 M. Patient schläft fest, läfst sich jedoch erwecken, 
schläft dann sofort wieder ein. 

3 Uhr 15 M. Patient dreht sich im Bette herum, wacht auf, 
schläft sofort weiter. 

3 Uhr 30 M. ruhiger Schlaf bis 3 Uhr 55 M. 

4 Uhr 25 M. fängt Pat von neuem an zu schlafen (Puls 68). 
Sein Befinden am Abend ist gut. Pat. hat keine Klagen vorzubringen. 

XII b. 
(Chirurg. Abtheilung des Charit^Krankenhauses, Geh. Rath Bardeleben.) 

Stephan. 26. Juni 1869. Um 10 Uhr 45 M. erhielt Pat 4,0 Grm. 
Chloralhydrat (4,0 Grm. Chloralhydrat, 15,0 Grm. Wasser, 15,0 Grm. 
Syr. cort. Aurant). 



47 

10 Uhr 50 M. blinzelt Pat mit den Augen, runzelt die Stirn und 
gihnt. 

11 Uhr 10 M. Patient schlie&t die Augen. Er schläft. 

11 Uhr 15 M. Pat. reagirt auf Nadelstiche, ö&et die Augen, 
om sie gleich wieder cu schiielsen. 

11 Uhr 30 M. Auf Nadelstiche reagirt Patient noch, öffnet aber 
nicht die Augen. 

1 1 Uhr 40 M. Patient wacht wieder auf und schläft um 1 1 Uhr 
45 M. wieder ein. 

11 Uhr 58 M. Er wacht und schläft um 12 Uhr wieder ein, um 
bis 12 Uhr 20 M. zu schlafen, wo er von neuem erwacht. 

12 Uhr 57 M. Patient schläft ein. Der Schlaf dauert bis 2 Uhr, 
wo Pat durch Besuch wieder erweckt wird. Pat. klagt über Kopf- 
schmerzen und fahlt sich unbehaglich. 

Um 3 Uhr schläft Pat., nachdem der Besuch ihn verlassen, wie- 
der ein. Pat. legt sich die kranke Hand unter seinen Kopf und ruht 
eine Weile auf dieser, ohne zu erwachen. Es wird ihm die Hand fort- 
gezogen, ohne dafs er sich dadurch in seinem Schlafe stören läfst. 

4 Uhr 45 M. Pat. wacht wieder auf. Er giebt an, geringe Kopf- 
schmerzen zu haben. Aulserdem klagt Patient über Schmerzen in der 
Hand, die er selber auf den Umstand bezieht, dafs er die Hände unter 
den Kopf gelegt hätte. 

6 Uhr. Patient schläft nicht, giebt auf Befragen an, dafs seine 
Beschwerden sich verloren haben. 

Diese 3 Beobachtungen bei Stephan liefern den Beweis, 
dafs Dosen von 4,0 Grm. wohl schon eine beträchtliche Anästhesie 
hervorrufen, die dennoch nicht so hochgradig ist, wie sie zu 
groiseren operativen Eingriffen erforderlich sein müfste. Dafs 
auch hier keine Appetitstörung eintrat, ist übereinstimmend mit 
den früheren Fällen. 

xin. 

(Irrenabtheilung der Charit^, Prof. Westphal. 2. Juli 1869.) 

Frau Taleke, 57 Jahre alt, aufgenommen am 29. Juni 1869. Pa- 
tientin befindet sich seit ihrer Aufnahme in einer hochgradigen melancho- 
lischen Aufregung, die sich erst seit einem Tage gebessert hatte. Sie 
schlief Nachts gar nicht, warf sich im Bette umher, indem sie kläglich 
schrie, hatte nur hin und wieder am Tage 1, 2 bis 3 Stunden Schlaf. 
Meist jedoch war sie ebenso unruhig wie zur Nachtzeit, lief ängstlich 
umher, klammerte sich an alle an und schrie. 



48 

Am 2. Juli 5 Uhr 17 M. Nachmittags, bekam sie 3| Orm. Chloral- 
hydrat innerlich, die sie ziemlich bereitwillig nahm (nach Ueberwindung 
der ersten Schwierigkeit), wiewohl sie sonst die meiste Nahrung ver- 
weigerte. Nach 2 Minuten bemerkt man die erste Wirkung, indem ihr, 
während sie auf dem Bette safs, die Bulbi plötzlich starr wurden und 
gleich darauf die Augenlider herabfielen. 1 Minute später war sie be- 
reits in tiefem Schlaf. 

5 Uhr 20 M. Bei Stichen in die Hand rührt sie dieselbe nicht von 
der Stelle, selbst tiefe Stiche in die Beine rufen keine Reaction hervor. 

Die angehobenen Arme und Beine fallen schlafif herab. Die frü- 
her mäfeig weiten Pupillen haben sich verengt. Respiration ist regel- 
mäfsig und tief. 

5 Uhr 25 M. Nur bei Stichen in Lippen und Nasenschleimhaut 
verzieht Pat. das Gesicht; beide Bulbi sind nach aufsen und etwas nach 
oben gerollt. 

5 Uhr 30 M. Pat. reagirt noch bei Stichen in das Sept narium. 
Puls 124, klein und niedrig. 

5 Uhr 35 M. Pupillen haben sich noch mehr verengt, sind gleich. 
Respiration ist gleichmäisig tief, ohne alle Zeichen von Dyspnoe. 

5 Uhr 40 M. Die Pupillen sehr eng, reagiren. Puls 120. Temp. 
38,2. 

Bis 8 Uhr lag Pat. in diesem gleichmäfsigen Zustande, dann wurde 
sie insofern etwas lebhafter, als sie Fliegen sich verscheuchte, die 
Beine anzog. Kurz vor 9 Uhr gab sie auf Anrede Antwort, indem sie 
die Augen aufschlug. Nach 9 Uhr wurde sie vollständig munter, blieb 
die Nacht wach, war dabei ziemlich unruhig. 

Heute früh (3. Juli) schlief sie von f 7 Uhr bis gegen 8 Uhr. 
Die übrige Zeit war sie unruhig. 

9^ Uhr. Pat. liegt im Bette, macht von Zeit zu Zeit Bewegungen 
mit den Armen, schlieist die Augen auf 5 Minuten und erwacht dann 
wieder. 

10 Uhr wird Pat. wieder munter, 

XIV. 

(Irrenabtheilung der Charit^, Prof. Westphal. 4. Juni 1869.) 

Schmohl. Seit •} Jahr in der Charite, leidet an Melancholie mit 
tiefem Stupor. Patient spricht nie von selber, giebt auf Fragen keine 
Antwort. Pat. zeigt das Bild einer automatischen Figur; wo man ihn 
hinstellt, bleibt er stehen, hebt man ihm die Arme in die Höhe, 
so verharren sie eine Weile in der gegebenen Stellung. Der in die 
Höhe gehobene Arm sinkt dann ganz allmälig herunter. Beschleunigt 
man das Heruntersinken, so hebt er den anderen Arm ein wenig in 



49 

m 

die Höhe. Auf Verlangen steckt Pat. die Zunge kaum bis an die Lip- 
pen heraus. Puls 70. Pat. ist fieberfrei. 

Am 4. Juni verabreichte ich dem Pat., um lühr 33 Min. Mittags, 1,75 
Grm. Chloralhydrat in einem Weinglase voll Wasser ohne corrigirenden 
Zusatz. Seh. trank dasselbe ohne zu husten herunter. Pat wurde darauf 
auf ein Bett in horizontale Lage gebracht. Die Augen sind stier 
und unbeweglich wie vorher. Nach 10 Minuten beginnt Pat mit den 
Augen zu zwinkern, dieselben sind feucht geworden. Die Respiration 
wird ein wenig zitternd, dann regelmälsig. Respir. 20 in der Minute. 
Das Auge wird ruhiger, Pupillen nicht verengt. Zeitweise Husten (an 
dem er vorher gelitten) ohne Expectoration. Die Respiration wird er- 
giebiger. Zeitweise einige Bewegung der Augenlider. Das rechte Auge 
schliefst sich mehr als das linke (Puls 76). 

23 Min. später starkes Blinken der Augenlider, die Augen fangen 
an sich ganz allmälig zu schliefsen. 

27 Min. später Ruhe der Augenlider, die Augen sind geschlossen. 
(Puls 70. Respir. 22 in der Min.) Inspiration tiefer als vorher. Beim 
Aufheben der Hände läfst Pat. dieselben allmälig niedersinken. Beim 
Anrufen erwacht er und öffnet die Augen ein wenig. Zwinkert mit 
den Lidern und schliefst dieselben nach einigen Secunden wieder. Auf 
Aufforderung, die Zunge herauszustrecken, bringt er dieselbe ein wenig 
hervor, zieht sie aber bald wieder zurück, darauf schläft Pat. wieder 
fest ein und ist auf Anrufen kaum zu erwecken. 

6i Uhr schläft Pat. noch, athmet ruhig (Puls 60) und bedarf sehr 
starken Anrufens um wach zu werden, schläft dann aber sofort wie- 
der ein. 

8 Uhr. Pat. wird geweckt und von zwei Wärtern nach einer hö- 
heren Etage gefuhrt. Hier auf ein Bett gebracht, schläft er bis zum 
andern Morgen und erwacht zwischen 5 und 6 Uhr, nimmt dann das 
ihm dargereichte Frühstück in gewohnter Weise zu sich. Der darauf 
folgende Zustand des Pat. ist von seinem früheren nicht verschieden. 
Pat hat circa 16 Stunden geschlafen. 

Die früheren Fälle der bei Geisteskranken gemachten Beob- 
achtungen haben zur Genüge dargethan, dafs für diese im All- 
gemeinen gröfsere Dosen als bei geistig normalen Kranken er- 
forderlich sind; wie jedoch die Fälle XIII und XIV zeigen, 
macht die Art der geistigen Störung eine wesentlich andere 
Dosirung erforderlich. Man wird also beim Chloral in dersel- 
ben Weise die Dosen individualisiren müssen, wie es beim Opium 
und Morphium nothwendig ist. 

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50 

Der nachstehende Fall, welcher in Bezug auf die anästhe- 
sirende Wirkung, die das Chloral hervorbringen kann, keinen 
Zweifel zuläfst, liefert andererseits einen Fingerzeig, in welchen 
Fällen man von der inneren Anwendung desselben abstehen müsse. 

XV. 

(Charit^) Abtheilung des Hrn. Prof. Virchow.) 

WilhelmineWeinert, 42 Jahre alt, leidet an einem fast kinder- 
kopfgrofsen Tumor in der rechten Seite der Bauchhöhle, dessen Ausgangs- 
punkt sich nicht mit Sicherheit bestimmen läfst; derselbe zeigt keine 
Fluctuation, ist nur wenig beweglich und erweist sich bei Druck an ein- 
zelnen Stellen als sehr schmerzhaft. 

In der Regel sind starke Oedeme der untern Extremitäten vor- 
handen, sowie mäfsiger Hydrops ascites. Meisten theils leidet die Kranke 
an Verstopfung, mangelhaftem Appetit, öfters an Uebelkeit und Brech- 
neigung; der etwas trübe Harn erzeugt beim Lassen lebhaftes Brennen 
in der Urethra. 

Augenblicklich klagt Patientin über heftig reifsende Schmerzen der 
untern Extremitäten, welche eine sehr beträchtliche Schwellung und 
Spannung zeigen. Appetit ist wenig vorhanden. Pat. klagt über häufige 
Uebelkeiten, welche Morgens besonders stärker sind. Sie ist genöthigt, 
den gröfseren Theil des Tages in sitzender Stellung zuzubringen, da 
ihr das Liegen grofse Unbequemlichkeiten verursacht. Die Nachtruhe 
ist nur selten gestört. Als vor vielen Wochen, der bedeutenden Schmer- 
zen wegen, die erste Morphiuminjection angeordnet und ausgeführt war, 
verursachte dieselbe ihr grofse Beschwerden, heftiges Erbrechen, grofse 
Unruhe, Kopfweh. Spätere Injectionen dagegen vertrug sie besser, und 
es wurde dadurch eine vorübergehende Linderung ihrer Schmerzen her- 
vorgebracht. Während der letzten Tage hatte sie täglich zwei Mor- 
phiuminjectionen erhalten. 

Am 8. Juni, 2 Uhr 12 Min. Mittags, erhielt Pat. 2,025 Grm. Chloral- 
hydrat in einem Weinglase voll Wasser. Puls vor der Verabreichung 
90 in der Minute. 

2 Uhr 14 M. Puls 90. 

2 Uhr 15 M. Pat. runzelt die Stirn, läfst die Augenlider sinken. 

2 Uhr 16 M. Pat. schläft ein. Puls 100. 

2 Uhr 18 M. Durch heftiges Rütteln wird Pat. wie aus einem- 
tiefen Schlaf aufgeschreckt und schläft sofort weiter. 

2 Uhr 20 M. Pat. ist vollständig anästhesirt, man kann die Con- 
junctiva berühren, sie reagirt nicht darauf; mit einer Nadel tief gesto- 
chen, lösen sich keine Reflexe aus. 

2 Uhr 45 M. Durch Anrufen ist Pat. erweckbar, fahrt wie aus 
einem tiefen Schlafe auf« 



51 

2 Uhr 50. Puls 90. 

3 Uhr 20 M. Selbst auf tiefe Nadelstiche an der Hand, wie am 
Septum narium, keine Reaction. Puls 92. 

3 Uhr 30 M. Puls 92. Respiration wie bisher ruhig und gleich- 
mäfsig. 

3 Uhr 35 M. Aufgehoben, fallen beide Arme schlaff herab; wird 
das Experiment öfters wiederholt, so tritt leichte Muskelspannung ein. 

3 Uhr 45 M. Pat. erwacht, klagt über heftigen Kopfschmerz und 
Müdigkeit, schläft aber bald wiederum ein. 

4 Uhr 12 M. Puls 120. Pat. ist erwacht, klagt über Kopfschmerz, 
Uebelkeit und Herzklopfen. 

Am folgenden Tage, den 9. Juni, nachdem sie die Nacht schlaflos 
zugebracht, klagt Pat. noch immer über Uebelkeit und Rauschen im 
Kopfe, sie hat Blut per os entleert, das neben blutfarbener Flüssigkeit 
einige lockere Coagula enthält. Appetit nicht vorhanden. 

Am 10. Juni ist Pat matt, klagt über Benommenheit des Kopfes, 
erbricht von Zeit zu Zeit Blut mit Milchcoagulis gemischt. Fieber nicht 
vorhanden. 

Am 11. Juni sieht Pat. wohler aus, das Erbrechen hat sich ver- 
mindert. Seit jener Zeit hat sich das Blutbrechen wiederholentlich ein- 
gestellt, sodafs auf das Vorhandensein einer Ulceration im Magen zu 
schliefsen war. Dabei ist zu erwähnen, dafs die mikroskopische Unter- 
suchung, in längeren Zeitintervallen wiederholt, ungewöhnlich grolse 
Mengen von Gährungspilzen im Mageninhalt nachwies. Ich gab später 
der Pat. noch einmal Chloralhydrat (1,0 Chloralhydrat, Wasser 15,0, 
Mucil. Gummi arab., Syr. cort. Aurant. ää 7,0). Pat. schlief darnach 
1 Stunde, es wurde dann wie am Tage vorher etwa ein Efslö£fel voll 
frischen Blutes entleert, und als die Blutung durch Eispillen gestillt 
war, schlummerte Pat. noch zeitweise« 

Bei der Patientin W. ist vermuthlich, neben den dorch den 
Druck des Abdominaltumor direct herbeigeflihrten Störungen 
der Verdauung und Defaecation, eine Ulceration des Magens als 
schon längere Zeit vorhanden anzunehmen, wenngleich keine 
unmittelbar entscheidenden Zeichen derselben wahrgenommen 
sind. Es ist nicht unwahrscheinlich, dals die Anwendung des 
Chlorals, eines in Lösung, wenn auch nur wenig, ätzenden Kör- 
pers, von schädlichem Einflufs auf eine schon erkrankte Stelle 
des Magens gewesen ist. 

Der folgende Fall zeigt die Anwendung des Chlorals bei 
emem Kinde. 

4* 



52 
XVI. 

(Universitäts-Rlinik, Geh. Rath v. Langenbeck. 6. Juni 1869.) 

Carl Walt her, 6 Jahre alt, wurde in die Langenbeck'sche Klinik 
eines beginnenden Lupus wegen aufgenommen; sonst ist der Knabe 
vollkommen gesund und gewährt einen blühenden Anblick. 

Der Knabe erhielt um 2 Uhr 20 M. 0,45 Chloralhydrat in einem 
Efslöffel Wasser. 

Um 2 Uhr 33 M. 0,45 Chloralhydrat (nachdem sich bisher keine 
Wirkung gezeigt hatte). 

Um 2 Uhr 40 M. eine dritte Dose. Der Knabe wurde auf ein Bett 
gelegt und lag mit offenen Augen da; um 2 Uhr 45 M. beginnt der- 
selbe die Stirn zu runzeln und mit den Augen zu blinzeln, um 2 Uhr 
50 M. schliefst er die Augen vollständig, öffnet sie auf einen Augen- 
blick, um sie dann wieder zu schliefsen. 2 Uhr 55 M. hält er die 
Augen geschlossen ; auf Befragen giebt er vernünftige Antworten, ohne 
die Augen zu offnen. 2 Uhr 58 M. Patient antwortet nicht mehr, er 
schläft ruhig; bei einem Versuch, ihm die Augen zu öffnen, schliefst 
er dieselben von selber. 

3 Uhr. Patient verträgt, dafs er mit einer Stecknadel am Kopf 
gestochen wird, ohne zu zucken. Bei einem Einstechen in das linke 
Bein zieht er das rechte an sich, läfst es von selbst aber wieder sin- 
ken; Pat. wacht dabei nicht auf. 

Durch starkes Rütteln aus dem Schlafe aufgeweckt und nach sei- 
nem Namen gefragt, giebt er denselben richtig an und schläft dann 
sofort weiter. 

3 Uhr 15 M. macht er von selbst die Augen auf und schläft dann 
wieder ein. 

3 Uhr 40 M. wacht er von Neuem auf, wird in ein anderes Kran- 
kenzimmer geführt. Auf Befragen giebt er an, er sei schläfrig, habe 
keine Kopfschmerzen oder irgend sonstige Beschwerden; nach Beant- 
wortung dieser Fragen schläft er sofort auf seinem Bette ein. 

7^ Uhr. Pat. schläft ganz fest, ist schwer zu erwecken. Aufge- 
weckt, ist er verdriefslich und verlangt, dafs man ihn in Ruhe lasse. 

8 Uhr schläft derselbe. 

Pat. schläft, ohne in der Nacht aufzuwachen, bis zum nächsten 
Morgen und steht zur gewohnten Zeit auf. 

Weder Uebelkeit noch Kopfschmerzen oder irgend eine Beschwerde 
ist von dem, in seinen Anworten als intelligent zu bezeichnenden Kna- 
ben zu erfragen. Er nimmt sein Frühstück in gewohnter Weise zu 
sich und verhält sich den Tag über normal. 

Die Anwendung des Chlorals bei diesem Kinde zeigt, dafs 
eine for die hypnotische Wirkung verhältnifsmäisig grofse Dose 



53 

einen 16 stündigen Schlaf hervorrief, ohne jedoch irgend welche 
schädliche Einwirkungen zu hinterlassen. Es stand mir augen- 
blicklich das Material nicht zu Gebote, die Versuche auch auf 
jüngere Kinder auszudehnen; ich glaube aber keinen Anstand 
nehmen zu dürfen, bei Neugeborenen mit 0,4 Grm. zu begin- 
nen und bei Kindern über ein Jahr 0,9 Grm. anzuwenden. 

XVII. 

(Irrenabtheilung der Charit^, Prof. Westphal. 9. Juli 1869.) 

Frau Bernstein, 48 Jahre alt, aus Wilna, Mutter von 7 Kindern, 
ist seit circa -f- Jahren erkrankt, sie leidet an Melancholie, Schmerzen 
im Kopfe und insbesondere an einer dauernden Schlaflosigkeit, so dafs 
sie während der ganzen Zeit Nächte lang umherwandert und am Tage 
im hohen Grade nervös und aufgeregt erscheint; sie ist im Herbst be- 
reits in der Charite behandelt worden, alsdann kam sie nach Zeblen- 
dorf, wo ihr Zustand sich nicht besserte, und liefs sich den 27. Juni 
wiederum aufnehmen, weil sie von dem neuen schlafmacbenden Mittel 
gehört habe. 

In der Nacht vom 8 — 9. Juli hatte sie 0,045 Grm. Morphium be- 
kommen, worauf auch nicht der geringste Schlaf eingetreten war. Pa- 
tientin wurde 6 Uhr 15 M. auf das Bett gelegt, 10 M. darauf war 
der Puls 90. Respir. 40 in der Minute. 

6 Uhr 35 erhielt Pat. 4,0 Grm. Chloralhydrat (4,0 Grm. Hydrat. 
Chlor., Aq. dest., Syr. cort. Aurant. ää 15 Grm.), welches sie ohne 
Umstände einnahm. 

6 Uhr 36 M. Respir. 30. Puls 85. 

Pupillen weit und wie sonst träge reagirend. 

6 Uhr 43 M. Puls 88. Sie zwinkert mehrere Male mit den 
Augen. 

6 Uhr 45 M. Die Augenlidspalte wird kleiner. 

6 Uhr 46 M. fängt sie an mehrere Male zu gähnen. 

6 Uhr 48 M. Die Pupillen verengen sich ein wenig. Sie bringt 
die Augenlider mehrere Male zum sichtbaren Schlufs. Der Blick wird 
matter. Pat. hat das Aussehen einer Uebermüdeten. Der Corrugator 
superc. spielt stark. 

6 Uhr 52 M. Die Augen werden gänzlich geschlossen , nachdem 
das Gähnen sich einige Mal wiederholt hat, der^Kopf sinkt, Schlaf 
tritt ein. Bei Fliegenstichen zuckt sie indefs zusammen. 

6 Uhr 53 M. Sie erwacht auf einen Augenblick, legt sich auf die 
Seite, um gleich weiter zu schlafen. Der Schlaf wird tief. Bei der 
Berührung des Kopfes mit dem Bleistift zuckt sie zusammen. 

6 Uhr 55 M. Stiche mit der Nadel an Kopf und Fufs bewirken 



54 

Reflexzuckung, ohne dafs ein Erwachen eintritt. Puls 80. Respiration 
gleichmäfsig. Beim Oeffnen der Lider zeigen die Pupillen keine Ver- 
änderung. Pat. schläft ruhig weiter. 

7 Uhr 45 M. Pat. schläft noch ruhig, den Kopf auf der Seite lie- 
gend, wie anfänglich. 

Pat. schlief in einem Zuge die ganze Nacht hindurch bis Morgens 
ij Uhr. Um diese Z^it erwachte sie, begab sich auf den Corridor, 
um ein Bedürfhifs zu befriedigen, und legte sich dann wiederum spontan 
nieder. Bis 8^ Uhr verbrachte sie noch in einem leichten Halbschlafe, 
aus dem jedes laute Geräusch sie zwar erweckte, wobei sie jedoch 
immer wieder einschlief. Noch um 9 Uhr und den ganzen Vormittag 
gähnte sie viel und sah ermüdet aus. Irgend welche dem Ghloral zu- 
zuschreibenden Klagen brachte sie nicht vor, sondern wiederholte nur 
ihre gewöhnlichen Beschwerden. 

Bei Agrypnie ist die Praxis ftir gewöhnlich rathlos in der 
Auffindung schlaferzeugender Mittel; das Morphium, zu welchem 
man in solchen Fällen schliefslich immer zurückgreifen mufs, 
nützt nur in sehr grofser Dose, stumpft sich in seiner Wirkung 
leicht ab, und wenn ein Effect eintritt, so ist derselbe von kur- 
zer Dauer. In Fall No. XVII hatte Morphium in ziemlich be- 
trächtlicher Dosis gar keinen Erfolg, während das Chloral in 
einer Dose von 4,0 Grm. in einem Zeiträume von 17 Minuten 
die Patientin von immer gröfserer Müdigkeit bis zu tiefem Schlaf 
führte. Während die Pat. lange Zeit vorher kaum zu Schlaf 
gekommen war, schlief sie nach Chloral 10 Stunden und blieb 
dann noch 3 Stunden hindurch in einem Stadium von Schläf- 
rigkeit, ein Zustand, der vorher bei ihr nicht zu erreichen ge- 
wesen war. Während in den Fällen von Agrypnie die sicher 
eintretende Schlafwirkung von ganz besonderem Interesse sein 
muTs, zeigt der folgende Fall, einen wie grofsen Nutzen die so- 
fort nach der Verabreichung eintretende Wirkung gewähren kann. 

xvm. 

(Chirurgische Klinik, Geh. Rath v. Langenbeck.) 

Frau Seehaus, 42 Jahre alt, wird am 25. Juni 1869, nachdem 
sie von einem Wagen übergefahren war, zur Behandlung aufgenommen. 
Die Untersuchung ergab eine Fractur. humer. sinistr. et fibul. sinistr. ; es 
wurde ihr ein Gypsverband angelegt und, da sie des Trunkes verdächtig 
war, I Quart Schnaps pro Tag verordnet. Am 27ten trat ein plötz- 
licher Ausbruch eines sehr heftigen Deliriums ein, so dafs Patientin 



55 

gefesselt werden mufste; trotzdem war es nicht zu verhindern, dafs 
sie den fracturirten Arm heftig bewegte. Die Haut über dem fractu- 
rirten Arm zeigte eine starke Röthung, welche sich bis zu den Schultern 
hinaufzog. Sie erhielt 3 mal 0,015 Grm. Morph, hydrochlor. subcutan 
mit ^stündiger Pause. Während der Nacht 0,42 Grm. Opium ohne irgend 
welchen Erfolg. Am 28ten des Morgens erhielt Pat. noch 0,06 Grm. 
Opium, nach welchem sie erbrach. 

Um 3 Uhr 22 M., während Patientin im heftigsten Delirium liegt, 
wurden auf die Aufforderung des Herrn Geh. Rath v. Langenbeck 
4J Grm. Chloralhydrat in 15 Grm. Wasser mit 15 Grm. Syr. cort 
Aurant. verabreicht. Nach dem ersten Löffel zeigte sie sich bereit, die 
ganze Dose zu nehmen. Nach 8 Minuten war noch keine Abnahme 
ihrer Energie zu erkennen. 

3 Uhr 45 M. Pat. wird ruhig, schliefst zeitweise die Augen, es 
wird noch 1 Grm. Chloralhydrat in 2 CG. Wasser, in zwei Injectio- 
nen, subcutan injicirt. Nach 5 Minuten schläft Pat. ein. Durch starkes 
Klopfen auf die Hand nicht zu erwecken. Mit einer Nadel gestochen, 
reagirt Patientin, schläft jedoch weiter. Puls und Respiration sind normal. 
Sie schläft bis zum nächsten Morgen ununterbrochen fort, nur einmal 
in der Nacht wacht sie auf und erkundigt sich, wie viel Uhr es wäre. 
Am nächsten Tage war Patientin bei vollständigem Bewufstsein, 
die Fesseln konnten entfernt werden *). 

Die Anwendung des Chlorais in diesem Falle von sehr hef- 
tigem und lebensgefährlichem Delirium potatorum geschah auf 
die gefällige Aufforderung des Herrn Geh. Rath v. Langenbeck 
und beweist, worauf wir schon bei den früheren Fällen auf- 
merksam zu machen Gelegenheit hatten, dafs nämlich das Chloral 
da wirkt, wo Opium und Morphium in yerhältnifsmäTsig grofser 
Dose ohne Erfolg geblieben, und, was in diesem Falle gerade 
von der gröfsten Wichtigkeit war, dafs die Wirkung eine 
sofortige ist. 



Während die Versuche an Thieren die Wirkung des Chlorals 
insoweit klar gelegt haben, dafs es sich hier um eine Einwirkung 
direct auf die Ganglien des Grofshims, des Rückenmarks und 
des Herzens in einer gewissen Reihenfolge mit gröfseren Inter- 

*) Dieser Fall, mit weiterem günstigen Verlauf, ist vom Herrn Geh. Rath 
Langenbeck ausführlich der Berl. med. Gesellschaft (s. Sitzungsberichte : Monat Juli), 
la^pitiMUi wordaQ. 



56 

valU'ii liand'-It. ir'-h*-n Ji»- v-.rir»-trihri»-n thf-ra{^utischen ^ 

siiolu* an M»-n*^-h>-ii nur ila* »-r>tt- Stailiiiin dt=-r Einwirkung 

d'u' Cjani;li<'n «1«*> (fritr>liirii> und Ji»- »Ts-t'-n Anlange des z 

it'U StadiniJi>. S> viirsicliti:; niau im Alli^t-uieinen s«'in n 

die an Tliien-n in bt-trefl' d«T Ein wirk uuij^ diÖ«'reuter Sube 

zen gemachten Ert'a|]nin:;»'n iinmitt*'lbar auf Menschen zu 

tragen, 8o glaube ich d«'nnorh. dal's die bfi Thieren di 

Chloral bereits erreichti- Anfii^thesie zu der sicheren Hofii 

l)erechtigt, dal'i» auch )>«'im M»'n$clien durch entsprechende 

sen dieses Mittels das fiir grölsere chirurgische Operatv 

nothwendige Stadium der Anästhesie sich wird erreichen la< 

Inwieweit dann dies Mittel dem Cliloroform vorzuziehen v 

kann allein der praktische Ert'olg entscheiden; es lassen 

jedoch von vom herein einige theore-tische Betrachtungen hi 

knüpfen, welche darauf hinweisen, dals dieses Mittel in gew 

Beziehung dem Chloroform nachstehen dürfte. Beim Chlorofo 

reu wird die angewandte Dose durch die Lungen allmälig z 

führt, und es ist den verschiedenen Individualitaten nach möj 

bei jedem Stadium der Narkose anzuhalten. Bei dem Chloral 

die, nicht immer flir die verschiedenen Individuen bis jetzt zi 

rechnende Dose auf einmal eingeftlhrt, und es tritt zwar di< 

fortige Wirkung ein, aber wir sind bis jetzt nicht im Stand( 

jedem beliebigen Zeitpunkte die Wirkung des Mittels zu coup 

Aus den Versuchen an Thieren ergiebt sich jedoch, dafs die 

ferenz zwischen der tödtlichen Dose und derjenigen, die 

vollständigen tiefsten Narkose ftlhrt^ durch gröfsere Zahlen 

gedrückt wird, beispielsweise durch ein Drittheil der Dosi 

Kaninchen, so dafs, wenn 3 Grm. Chloral ein Kaninchen t& 

durch 2 Grm. eine vollständige Anästhesie hervorgerufen ^ 

Hiemach würde der Anwendung des Chlorais zum Zwecke 

fserer Operationen bei Menschen, bei denen eine Unterbrecl 

der Narkose nicht unbedingt geboten erscheint, nichts ei 

genstehen. Die Anwendung bei kleineren Operationen sei 

wie der Fall der Pollex No. V[ beweist, sehr empfehlensw 

und ich glaube, dafs sich mit der Dose von circa 4 — 6' 

bei normalen Menschen Augenoperationen und kleinere O 

tionen an den Extremitäten besser als mit Chloroform ausfi 



51 

lassen werden und diese Narkose insofern grössere Vortheile 
darbietet, da einmal das Stadium der Erregung fort^t und 
^ulserdem die nachfolgende, immer erwünschte Schlafwirkung 
durch die Operation nicht aufgehalten wird. (Siehe Fall No. Via 
und VIII.) Die nach der Chlondverabreichung eintretende Schlaf- 
wirkung dürfte deshalb auch bei grölseren Operationen zu ver- 
werthen sein, und ich muls es der Erfahrung der Chirurgen über- 
lassen, ob eine Chloroformirung während der Narkose nicht noch 
Wünschenswerther erscheint, als die alleinige Anwendung des 
Chlorals nach groisen Operationen. 

Während die Anwendung des Chloroforms jetzt haupt- 
sächlich in der Chirurgie ihren Platz findet, ist die Verwer- 
thung desselben in der inneren Medicin bis jetzt gar nicht zur 
Geltung gekommen. So erwünscht und indicirt es war, die 
durch Chloroform bewirkte Hypnose auch m der inneren Medicin 
för eine grolse Reihe von Fällen zu verwerthen, so hat doch 
die Schwieri^eit der Application desselben, die allein durch 
die Lungen erfolgen kann, das unangenehme Stadium der Rei- 
zung und die yerhältnifsmä&ig kurz dauernde Hypnose von der 
häufigeren Anwendung absehen lassen. Dagegen kann man das 
Chloral, wenn man die beobachteten Fälle im Ghrolsen und Gan- 
zen übersieht, als ein Mittel betrachten, das sicher Schlaf 
bewirkt, ohne eine schädliche Nachwirkung zur 
Folge zu haben, und das innerlich wie subcutan ohne Schwie- 
rigkeit, da es in Wasser löslich ist, verabreicht werden kann. 
Aus der eigenthümlichen physikaUschen Beschaffenheit des 
Mittels ergiebt sich jedoch, wie es der Fall bei der W. 
No. XV zeigt, eine entschiedene Contraindication. Das Chloral 
ist nämlich in wässriger Lösung in geringem Grade kaustisch; 
man wird deshalb in allen den Fällen von seiner inneren An- 
wendung abstrahiren müssen, in denen Schleimhautdefecte oder 
ulcerirende Flächen des Tractus intestinalis vorhanden sind. Ich 
glaube auch, dals in der tuberculösen Affection des Larynx 
sich vielleicht eine Contraindication finden dürftie (S. Fall No.XI.) 
In diesen Fällen steht jedoch der subcutanen Anwendung nichts 
entgegen. 

Die rein hypnotische Wirkung wird dieses Mittel bei allen 



58 

entzündlich schmerzhaften Affectionen, bei denen eine Narkose 
überhaupt zulässig ist, hoffentlich unentbehrlich machen; ich 
erinnere hierbei nur an den acuten Gelenkrheumatismus etc. 
Auch bei Neuralgien, bei Tic douloureux, Ischias und bei Ga- 
stralgie und Enteralgie, insoweit sie rein nervöser Natur sind, 
gegen Tussis convulsiva, gegen welche mit Erfolg Chloroform 
bereits angewendet ist, ebenso bei Laryngospasmus, Singultus 
und Asthma nervosum, Tetanus und Trismus fordern, wie ich 
glaube, die Eigenschaften dieses Mittels zur Anwendung auf. 
Insbesondere dürfte die Anwendung des Chlorals gegen die sehr 
heftigen und allen, selbst den gröfsten Dosen von Morphium 
zuweilen trotzenden excentrischen Schmerzen bei Tabes dorsa- 
lis zu empfehlen sein. Bei Anföllen von Cholelithiasis, gegen 
welche Chloroform sowohl als Anodyüum , als auch in der Ab- 
sicht die chemischen Bestandtheile der Gtdlensteine zu lösen, 
empfohlen ist, dürfte das Chloral besonders indicirt sein, da, 
abgesehen von der beabsichtigten Schmerzstillung, das sich in 
der Laufbahn des Blutes bildende Chloroform die angestrebte Lö- 
sung der Gtdlensteine bei weitem eher bewirken kann, als das 
innerlich dargereichte Chloroform, welches nur langsam zur Re- 
sorption gelangen kann. 

Was die Indicationen des Chlorals als reines Hypnoticum be- 
triffi, so glaube ich dieselben hier nicht aufisählen zu müssen, weil 
die früher angegebenen Krankengeschichten auf das deutlichste 
zeigen, dafs das Chloral das Morphium nicht nur in allen den Fällen, 
in welchen letzteres als Hypnoticum indicirt ist, ersetzen kann, 
sondern auch in vielen Punkten übertrifil. In jenen Fällen von 
Agrypnie, in denen Morphium im Stich läfst, dürfte das Chloral 
sich sicher wirksamer zeigen; besonders jedoch scheint der 
Fall No. XVin darauf hinzuweisen, dals in Bezug auf die 
schnell nach der Darreichung eintretende Wirkung, die beson- 
ders bei Delirium tremens häufig dringend ersehnt ist, uns kein 
Mittel des Arzneischatzes mit ähnlichem Erfolge bekannt ist. 
Uebrigens dürften spätere Versuche zeigen, ob die Combination 
von Chloral mit Morphium oder Opium nicht zuweilen der 
Darreichung dieser Mittel allein, vorzuziehen sei. Auch glaube 
ich, dafs das Chloral, in kleineren als den bisher verabreichten 



59 

Dosen stündlich gegeben, als Sedativum wirken wird, das 
besonders bei nervöser Erregung, bei aufgeregten Geiisteskran- 
ken Beruhigung bringen wird. Kindern gegenüber ist man be- 
kanntlich in Bezug auf Hypnotica in grofser Verlegenheit, da 
die Anwendung des Morphium in kleinen Dosen, der Gehirn- 
reizung wegen, bei Kindern contraindicirt ist; das Chloral hin- 
gegen glaube ich mit ruhigem Gewissen selbst bei den jüngsten 
Kindern empfehlen zu können, da die Versuche an Thieren 
jedes Reizstadium ausschliefsen. 

Soviel über die innere Anwendung des Chlorals. 

Nicht unerwähnt will ich lassen, dafs auch die locale Ap- 
plication des Chlorals, wahrscheinlich in Folge geringer Resorp- 
tion, ein Gefahl von Stumpfheit an der betreffenden Hautstelle 
zu erzeugen im Stande ist. 

Bevor ich specielle Vorschriften zur Verabreichung des 
Chlorals gebe, hebe ich hervor, dafs dasselbe, seiner physika- 
lischen Eigenschaften wegen, weder in Pillen-, noch in Pulver- 
form verabreicht werden kann, und dafs man sich deshalb auf 
Solutionen beschränken mufs. Bei kleineren Dosen kann man 
dasselbe ohne Corrigens, nur in Aq. dest. gelöst, löffelweise or- 
diniren. Da das Chloralhydrat in concentrirter Lösung einen bit- 
teren und etwas scharf kratzenden Geschmack hat, empfiehlt 
sich ein Zusatz von Mucil. Gummi arab. oder Syrup. cortic. aurant., 
die man auch beide vereinigt hinzusetzen kann. Das so angewandte 
Medicament hat einen äufserst angenehmen Geschmack und wird 
sogar von Kindern gern genonmien. Selbstverständlich darf man 
kein alkalisch reagirendes Corrigens hinzusetzen, da dasselbe die 
Umsetzung des sonst haltbaren Chlorals zu Wege bringt. Die 
zur subcutanen Injection anzuwendende Lösung mufs vollstän- 
dig neutral reagiren. Für den Fall, dafs eine Spur von Salz- 
säure in der Lösung vorhanden ist, kann dieselbe durch ein 
wenig Ammoniak neutralisirt werden. 

Für den inneren Gebrauch empfehle ich folgende Recept- 
formen, welche bei Erfordernifs grofserer Dosen leicht zu mo- 
dificiren sind. 



60 



Rec. Hydratis chlorali 2,5 

Aq. destill. 

Mucil. gummi arab. 

ää 15,0 
M. D. S. Auf einmal zu nehmen. 
(Als gewöhnliches Ilypnoticum.) 

Rec. Hydr.chloral 4,5 (bis 8,0!) 

Aq. destill. 

Syr. cort. aurant. ää 15,0 
M.D.S. Auf einmal zu nehmen. 
(Bei Delirium ^ßotatorum.) 



Kec. Hydratis chlorali 4,0 

Aq. destill. 

Syr. cort. aurant. ää 15,0 
M. D. S. Abends einen Eislöffel 

voll zu nehmen. 
(Als gewöhnliches Hypnoticum.) 

Rec. Hydrat, chloral. 2,0 

Aq. dest 150,0 

Syr. cort. aurant. 

Mucil. Gummi arab. 

Sä 15,0 
M.D.S. Stündlich einen Eislöffel 

voll zu nehmen. 

(Als Sedativum.) 



Rec. 



D.S. 



Hydrat, chloral. 5,0 
Aq. destill. 10,0 
Einen Theelöffel voll in 
einem Glase Wein, Bier 
oder Limonade zu neh- 
men. 

(Hypnoticum.) 



Rec. Hydrat, chloral. 5,0 

Solve in aq. dest. quan- 
tum sufficit, ut mensura 
centimetri cuborum (Cu- 
bikcentimeter) sit decem. 

D. S. 1 bis 4 Cubikcentimeter 
subcutan als Hypnoticum 
oder als Nachhilfe zu in- 
jiciren. 

Indem ich diese Untersuchungen der Oeffentlichkeit über- 
gebe, glaube ich dieselben soweit geföhrt zu haben, dais der 
Aufiiahme des Chlorals zu therapeutischen Zwecken nichts mehr 
im Wege steht. Wie aber jedes neue Heilmittel durch die fort- 
gesetzte praktische Anwendung in seiner Wirkungsweise immer 
klarer und richtiger erkannt wird, so wünsche ich auch, dafs 
es bei dem Chloral der Fall sein möge, und zweifle nicht, dafe 
es dann in kurzer Zeit eine gesicherte Stellung in dem ärzt- 
lichen Arzneischatze gewinnen werde. Was die Versuche über 
die Trichloressigsäure und ihre Salze betriffl;, so gedenke ich 
demnächst ausführlicher darüber zu berichten. 



A. \V. üchado^s Bacbdruckerei (L. Schade) in Berlin, Stallschreiberstr. 47.